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HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH, FAHRRAD!

Das umweltfreundlichste Verkehrsmittel neben den Füßen wird am 12. Juni 200 Jahre alt und gebraucht wie nie: Es soll Mobilität auf kurzen Strecken klimaverträglich machen.

Höchstens drei Jahrzehnte hat der Verbrennungsmotor noch, das geht ganz klar aus dem Pariser Klimaschutzabkommen hervor. Bis zur Mitte des Jahrhunderts müssen wir die ganze Wirtschaft dekarbonisiert haben, um die globale Erwärmung auf zwei oder besser anderthalb Grad zu begrenzen. Von der Automobilindustrie ist keine Hilfe zu erwarten: Statt alternativen Antrieben zum Durchbruch zu verhelfen oder die Verbrennungsmotoren wenigstens ein bisschen sauberer zu machen, tricksen die Hersteller bei der Abgasmessung.

Es muss also ein anderes Vehikel her

Eines, das den öffentlichen Verkehr ergänzt und individuelle Fortbewegung garantiert. Dabei sollte es absolut emissionsfrei und leise laufen, weniger Unfälle als das Auto verursachen und nicht so viel Fläche beanspruchen. Aber warum das Rad neu erfinden? Etwas optimieren reicht doch schon, das zeigen die beachtlichen Verbesserungen des Fahrrads seit 1817. Verbesserungsbedarf gibt es aber noch: absolut unkaputtbare Reifen, Schaltungen, die niemals einfrieren, oder Ketten, die auch weite Hosen garantiert sauber lassen. Wünschenswert wären auch Wegfahrsperren, damit man zum Anschließen nicht auf Fahrradbügel, Laternen und andere Straßenmöbel angewiesen ist. Und sicher würden überdachte Modelle ihren Markt finden.

Platz fürs Rad

Wichtiger als alle technischen Verbesserungen sind aber Akzeptanz und Platz im öffentlichen Raum. Nie wieder soll das Fahrrad von der Straße gehupt werden! Die Zeit ist vorbei, als es als Auto für Arme verlacht wurde und nur als Spiel- und Sportgerät zum Einsatz kam. Heute ist das Fahrrad für immer mehr Menschen Teil des Alltags, weil sie es schlicht praktisch finden. Auf der Bundesebene verweigert sich die Regierung noch dieser Erkenntnis.

Anders in Berlin

Nachdem Fahrrad- und Umweltaktive jahrelang Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet, die Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ erfolgreich Druck aufgebaut und die Wahl vom letzten Herbst eine neue Konstellation an die Macht gebracht hatten, kommt nun ein Radgesetz. Es wird Senat und Bezirke dazu verpflichten, die Infrastruktur für den Radverkehr deutlich zu verbessern: Radverkehrsanlagen an allen Hauptstraßen, 100.000 neue Abstellmöglichkeiten, Fahrradstraßen und Radschnellwege. Bis 2025 soll der Anteil des Radverkehrs an allen Wegen von heute 13 auf mindestens 20 Prozent steigen, innerhalb des S-Bahnrings auf 30 Prozent.

Radverkehr nicht mit der Schablone planen

Wie die neue Fahrradinfrastruktur im Einzelnen aussehen soll, ist nicht unumstritten. Denn so vielfältig Geschwindigkeit und Sicherheitsempfinden der einzelnen Radfahrenden sind, so unterschiedlich sind ihre Einschätzungen, wo sie lieber radeln wollen. Radspur auf der Fahrbahn oder baulich getrennter Radweg? Fragen dieser Art lassen sich kaum allgemein beantworten, viel zu viel hängt von den lokalen Gegebenheiten ab. Zweierlei ist aber klar: Weniger Autoverkehr hilft. Und Fuß-, Rad- und öffentlicher Verkehr gehören zusammen, sie ergänzen und entlasten sich gegenseitig. Radlösungen auf Kosten anderer umweltfreundlicher Verkehrsträger oder gar der Straßenbäume bringen nichts. Deshalb hat sich der BUND erfolgreich dafür eingesetzt, dass das Radgesetz Teil eines Mobilitätsgesetzes wird, das den Ausbau des öffentlichen Verkehrs beschleunigt und die Bedingungen derjenigen verbessert, die zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs sind.

Der heutige Autoverkehr ist ein Auslaufmodell

Das heißt nicht, es allen recht zu machen. Der Autoverkehr in der heutigen Form hat keine Zukunft. Auch wenn alle Autos künftig mit Strom aus erneuerbaren Energien oder Brennstoffzellen angetrieben werden, nehmen sie einfach zu viel Platz ein. Platz, der in wachsenden Städten für wichtigere Dinge benötigt wird. Aber den Lieferverkehr per Lastenrad abwickeln? Wer so fragt, tut es meistens rhetorisch. Dabei geht der Trend zu immer häufigeren und kleineren Lieferungen, was die Abwicklung mit dem Rad erleichtert. Dazu passt, dass 2016 deutlich mehr elektrisch verstärkte Lastenräder als E-Autos verkauft wurden. Trotz staatlicher Prämie. Allerdings werden Lastenfahrräder nicht den gesamten Güterverkehr übernehmen; der soll auf die Schiene und auf E-Lastwagen. Die Cargobikes sollen vor allem die Lieferautos ersetzen, die ständig den restlichen Verkehr blockieren.

Die Mischung macht’s

Ein anderer Einwand gegen das Fahrrad als Alltagsvehikel setzt bei den Menschen an, die aus den Außenbezirken oder aus Brandenburg in die Stadt pendeln und dabei angeblich auf das eigene Auto angewiesen sind. Gerade ihnen hilft das Rad als Zubringer zu S- und Regionalbahnen. Mit dem elektrischen Rückenwind eines Pedelec sind auch Strecken über zehn Kilometer kein großes Hindernis mehr.

Titelfoto: Kristoffer Schwetje/Fahrradbande

Aktuell:

Am Sonntag, 11. Juni findet die Fahradsternfahrt Berlin statt.  Mehr Infos

Im Anschluss findert das Umwelrfestival am Brandenburger Tor statt. DEr BUND Berlin beteiligt sich wie jedes Jahr an dem großten Umweltfest Berlins. www.umweltfestival.de

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