Dürren, Stürme, Hochwasser – weltweit spürt man bereits, dass der Klimawandel seine Konsequenzen einfordert. Um die Folgen der globalen Erwärmung zu sehen, muss man aber nicht in ferne Länder und auf andere Kontinente blicken. Man spürt sie bereits vor der eigenen Haustür. 2015 war Berlin an der Spitze der deutschen Bundesländer – und zwar als wärmstes und trockenstes Land. Dabei war es in der Jahresbilanz sogar heißer als auf Mallorca, auch künftig wird es in der Hauptstadt heißer und trockener.
An ersten Strategien und Instrumenten, diesen Problemen zu begegnen und Klimaschutz in der Hauptstadt voran zu treiben, mangelt es theoretisch nicht. Ein Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK), das den Weg zu einem klimaneutralen Berlin bis zum Jahr 2050 ebnen soll, und die Enquetekommission „Neue Energie für Berlin“, die die Zukunft energiepolitischer Fragen zum Thema hatte, waren erste Schritte auf einem langen Weg für den kommunalen Klimaschutz.
Halbherzig nennen viele Kritiker die bisherigen Ambitionen des Berliner Senats in diesen Sachen. Die BUND-Vorsitzende Christine Kühnel findet noch deutlichere Worte. „Klimaschutz spielt in Berlin keine Rolle. Hat es noch nie gespielt. Zuerst waren wir arm und sexy, nun haben wir das Flughafendesaster und das Stadtschloss.“ Die politischen Prioritäten seien stets anders gesetzt und Chancen für klimafreundlichen Fortschritt verpasst worden. Dazu zählt Christine Kühnel etwa den ökologischen Stadtumbau, den Ausbau des Nahverkehrs, die Verbesserung der Radinfrastruktur und Planung und Schutz der Grünschneisen und Naturflächen in der Stadt. „Energiewende und Klimaschutz gehören mit an die erste Stelle, wenn wir auch mit den vielen neuen Mitbürger*innen weiter gut in Berlin leben wollen“, sagt die BUND-Vorsitzende.
Während der Senat viele Chancen bisher verschlafen hat, sind die Bürger*innen selbst aktiv geworden. In Berlin gibt es zahlreiche Initiativen, die sich in unterschiedlichsten Facetten sowohl um lokalen als auch globalen Klimaschutz kümmern. Das Spektrum reicht dabei von Konsumkritik, nachhaltige Ernährung, Entwicklungspolitik bis hin zum Naturschutz und Energiefragen. „Es gibt viele Initiativen und Organisationen, die haupt- und ehrenamtlich etwas bewegen, aber auch viele Ehrenamtler, die eigene Sachen in ihren Kiezen auf die Beine stellen“, sagt Eva Rönspieß, Projektleiterin beim der Initiative Bürgerbegehren Klimaschutz.
Seit vergangenem Jahr nehmen die privaten Akteure das Steuer stärker in die Hand. Vernetzen sich und klären auf, wie jeder einzelne sich für Klimaschutz engagieren kann. „Klimaschutz ist mehr als Energiesparen. Es beginnt beim Frühstück, betrifft den Weg zur Arbeit und ist mit vielen weiteren Entscheidungen verbunden“, sagt Eva Rönspieß. Sie ist derzeit dabei mit anderen Klimaschutzakteuren den zweiten Berliner Klimatag auf die Beine zu stellen. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis Klima und erneuerbare Energien des BUND, der BUNDjugend, den Bündnissen Anti-Atom Berlin, Bürgerenergie Berlin und Powershift wird derzeit am Programm der Veranstaltung gefeilt, die am 24. April in der Forum Factory in Kreuzberg stattfinden wird.
Bei der Premiere im Jahr 2015 in der Markthalle neun in Kreuzberg waren 36 Aussteller dabei, informierten die mehr als 1500 Besucher darüber, wie man selbst etwas für den Klimaschutz tun kann. „Der erste Berliner Klimatag hat gezeigt, dass die Berliner*innen offen sind für das Thema“, freut sich Eva Rönspieß. Während beim ersten Berliner Klimatag vor allem Aussteller im Mittelpunkt standen, soll nun das Konzept interaktiver und offener werden. „Wir bieten daher viele Workshops und Diskussionen an. Dabei wollen wir aktuelle Entwicklungen aufgreifend. Das sind neben den Themen Berliner Energiewende und Fahrradstadt diesmal auch Klima und Flucht“, sagt Christine Kühnel.
Auch die Klimaschutzakteure in Berlin sollen von den Angeboten profitieren. „Bei den Berliner Klimatagen sitzen wir alle zusammen. Wir sind ein Vernetzungsort“, sagt Eva Rönspieß. Für Christine Kühnel ist dieses stetig wachsende Netzwerk eine Motivation. „Es macht Mut, wenn ich sehe, wie viele und wie bunt wir sind. Denn Klimaschutz “von der Straße” und Umweltbildung sind kein Zuckerschlecken.“
Wenn es in der Hauptstadt in Sachen Klimaschutz vorangehen soll, dann kann sich Berlin aber nicht nur auf eine aktive Bürgerschaft verlassen. „Die Bürger*innen haben einen anderen Wirkungskreis als die Landespolitik, die Klimaschutzkonzepte und Förderprogramme beschließen kann“, sagt Eva Rönspieß, die eine Zusammenarbeit zwischen den Organisationen und dem Senat auf Augenhöhe fordert. „Beide müssen Hand in Hand gehen, können aber nicht dieselben Aufgaben übernehmen.“
Der Zweite Berliner Klimatag findet am Sonntag, 24. April, von 11 bis 18 Uhr in der Forum Factory, Besselstr. 13-14 in Kreuzberg statt. Mehr Informationen gibt es unter www.berliner-klimatag.de oder auf Facebook.