Mit über vier Jahren Verzögerung wird am 1. April 2019 endlich die Biotonne für ganz Berlin Pflicht. Der richtige Umgang mit Bioabfällen sichert wertvolle Rohstoffe und hilft beim Klimaschutz.
Nach der flächendeckenden Einführung der braunen Tonne sollen alle Haushalte in Berlin an das Sammelsystem für Bioabfälle angeschlossen sein. Ausgenommen sind nur diejenigen, die eine eigene Kompostierung im Garten nachweisen können – und dafür auch genügend Platz haben. Als Faustregel zur Vermeidung von Überdüngung gilt: pro Haushaltsmitglied mindestens 25 Quadratmeter Gartenfläche, besser noch das Doppelte. Bislang waren in den innerstädtische Gebieten 80 Prozent und in den Ein- und Zweifamilienhausgebieten nur 25 Prozent mit einer Biotonne ausgestattet.[1]
2017 sammelte die Berliner Stadtreinigung (BSR) 78.000 Tonnen Bioabfall jährlich ein. [2] 69.000 Tonnen davon wurden in der BSR-eigenen Biogasanlage zu Methan vergoren, mit dem ein Teil der BSR-Fahrzeuge fährt. Damit ist diese vorbildliche, moderne Anlage in Ruhleben ausgelastet. Der BUND drängt daher seit Jahren auf eine zweite Biogasanlage in Berlin. Die Sache eilt, denn zwischen Planungsbeginn und Inbetriebnahme liegen mindestens vier Jahre.
Organisches im Restmüll macht die Verbrennung nicht besser
Das Potenzial die Bioabfälle klimaschonender zu verwerten als bisher ist groß: 2014 bestand der Hausmüll zu 46 % aus Organik. Dies bedeutet, dass knapp die Hälfte des bislang in der Müllverbrennungsanlage landenden Mülls verbrannt statt klimaschonend verwertet und zu hochwertigem Kompost, Dünger und wirklich regenerativer Energie weiterverarbeitet zu werden. Doch diese hochwertige Verwertung setzt die Trennung der Bioabfälle vom Restmüll voraus. Hierfür können wir alle etwas tun. Diese simple Tatsache hätte bei der Aufstellung der Tonnen auch an alle Nutzer*innen kommuniziert werden können, mit guten Trenntipps und der Motivation, die Biotonne auch hochwertig zu befüllen. Da dies seitens der BSR nicht stattgefunden hat, holen wir das hier gerne nach[3]. Denn mit Sicherheit sind nicht alle Berliner*innen davon begeistert, entweder eine fachkundige Kompostierung im eigenen Garten nachzuweisen oder Lebensmittelreste getrennt zu sammeln[4] und dann noch dafür zu zahlen. Mit 13 Euro für eine kleine und 15 Euro für eine große Tonne je Quartal ist die Gebühr zwar nicht exorbitant hoch, aber auch keine symbolische Summe mehr. Der BUND setzt sich seit langem dafür ein, die Biotonne entgeltfrei einzuführen und die entstehenden Kosten über die Restmülltarife zu finanzieren. Dies würde auch finanzielle Anreize zur Trennung geben. In vielen anderen Städten Deutschlands ist dies auch bereits so umgesetzt. Für die entgeltfreie Biotonne in Berlin werden wir uns auch weiterhin einsetzen!
Nicht Müll, sondern Rohstoff
Ob es sich um Essensreste oder Grünschnitt handelt – beim Verbrennen von Bioabfällen gehen wertvolle Nährstoffe verloren. Beim Vergären oder Kompostieren dagegen bleiben Phosphor und Stickstoff in den flüssigen und festen Gärresten erhalten. Wer sie erneut in Landwirtschaft und Gartenbau einbringt, braucht keinen energieintensiv hergestellten synthetischen Dünger. Ganz zu schweigen von torfhaltiger Blumenerde, für die die letzten Moore Europas abgebaggert werden, was nicht nur eine Versündigung an der Artenvielfalt ist, sondern auch kontraproduktiv für den Klimaschutz. Schließlich werden dabei die Treibhausgase Kohlendioxid und Lachgas freigesetzt.[5]
Neben der Umwandlung von Sonnen- und Windstrom in synthetisches Gas ist die Vergärung von Bioabfall – vorausgesetzt die Anlage erfüllt die technischen Standards – eine der wenigen Arten, Biogas auf ökologisch völlig unbedenkliche Art herzustellen. Man vergleiche das mit der aus Mais gewonnenen Energie, die für naturferne Agrarwüsten sorgt und dank Düngung, Verarbeitung und Transport der Biomasse noch nicht einmal klimaneutral ist. Bei Biogas aus Abfällen stellt sich nicht die Frage, ob Anbauflächen für Lebensmittel oder zur Energiegewinnung genutzt werden sollen. Allerdings gilt auch beim Biomüll: Der beste Abfall ist der, der erst gar nicht entsteht. Saubere Energiegewinnung ist keine Entschuldigung für Lebensmittelverschwendung.[6]
Der BUND hilft, wenn die Biotonne fehlt
Alle Haushalte Berlins haben ein Recht auf die Biotonne. Aber was, wenn nach dem 1. April immer noch keine Tonne vor dem Haus steht? In diesem Fall hilft der BUND.[7] Wir leiten die Mitteilung zur fehlenden Tonne an die BSR weiter. Dazu brauchen auf jeden Fall wir den Namen und die vollständige Adresse. Hilfreich sind auch „Beweisfotos“ des Müllplatzes und bei Mietshäusern Angaben zur Vermieter*in. Hinweise zu fehlenden Biotonnen bitte an biotonne[at]BUND-Berlin.de!
[2] Diese und weitere Zahlen zum Bioabfall in Berlin siehe unter https://www.bund-berlin.de/service/meldungen/detail/news/bioabfall-in-zahlen/news-topic/abfall/
[3] https://www.bund-berlin.de/mitmachen/aktion-biotonne-fuer-alle/
[4] BUND-Tipps zum Sammeln und Trennen von Bioabfall: https://www.bund-berlin.de/service/meldungen/detail/news/oekotipp-bioabfall-sammeln/news-topic/abfall/
[5] https://www.bund.net/naturschutz/moore-und-torf/torffrei-gaertnern/
[6] Mehr zu den Strategien gegen Lebensmittelverschwendung unter https://www.bund-berlin.de/service/meldungen/detail/news/man-sollte-sich-immer-auf-die-eigenen-sinne-verlassen/news-topic/abfall/ und https://www.remap-berlin.de/blog/zero-waste-blog/53
[7] https://www.bund-berlin.de/mitmachen/aktion-biotonne-fuer-alle/
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