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Gesundheitsschutz durch Klimaschutz

Protest in der „Heißzeit“ / Ärzte unterstützen Fridays for Future

Seit einem halben Jahr erleben wir eine neue Art von Protest. Mit jungen, ebenso optimistischen wie alarmierten Gesichtern. Berechtigterweise beklagen kommende Generationen zu wenig Besorgnis. Ja, sie versäumen Schule. Doch was nützt Ihnen Bildung ohne Zukunft? Und wie oft verhindert letztlich Lehrermangel erfolgreichen Unterricht. Länder greifen zu Notlösungen, lassen Quereinsteiger und Pensionäre einspringen, damit vor Schulklassen ein Erwachsener steht. Junge Menschen benötigen einen gesunden Mix aus Wissen, Erfahrung, Mut und Begeisterungsfähigkeit, um später gute Taten zu vollbringen. Doch wenn die Welt zusehends aus den Fugen gerät, bleibt für Verzögerung keine Zeit. Dann bedarf es jetzt klarer Stimmen und konkreter Maßnahmen. Sonst schmelzen Perspektiven buchstäblich dahin.

Nicht nur die junge Generation

Ein Blick auf das Thermometer lässt trotz Wärme frösteln. Die Hitzewelle im Juni weckte Erinnerungen an den „Jahrhundertsommer 2018“ . Und schon jetzt machen sich Bedenken breit. Wiederholt sich das als selten beschriebene Dürredrama bereits im Folgejahr? Wir alle erinnern uns, dass 2018 eine extrem schlechte Ernte hervorbrachte. Doch nicht nur Landwirte beklagen Trockenheit und Hitze. Den Klimawandel bekommen noch weitere Berufsgruppen zu spüren. So merken zum Beispiel Beschäftigte in Kliniken in solchen Hitzejahren, dass die Gesundheit der Patienten unter der (Erd-)Erwärmung leidet.

Klimawandel als Gesundheitsrisiko

Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts erwartet uns das Sechsfache an Hitzewellen. Immer mehr tropische Nächte rauben erholsamen Schlaf. In einer tropischen Nacht sinkt die Temperatur nicht unter 20° C. Das Waldbrandrisiko steigt und die bodennahe Ozonkonzentration erhöht sich. Mehr Pollen, Feinstaub und Sommersmog schaden den Atemwegen. Besonders Allergikern und Asthmatikern macht das ungesunde Luftgemisch zu schaffen. Hitze schädigt Organe, fördert chronische Erkrankungen und treibt auch die Sterbequote nach oben.

Erwiesenermaßen überleben Patienten in der Charité Transplantationen seltener, wenn Hitzeperioden eintreten. Daher gibt es in der Abteilung Pneumologie nun zwei Patientenzimmer mit Klimaanlagen, um OP-Patienten zu entlasten. Was das bedeutet, liegt auf der Hand: Der Energieverbrauch wächst an, die Kosten ebenso – und der ohnehin große Druck auf das Gesundheitswesen eskaliert.

Neben Schülern demonstrieren auch Ärzt*innen

Skeptiker argumentieren, dass es Hitzewellen schon immer gab. Stimmt. Doch was die Widerrede außer Acht lässt: Niemals erwärmte sich die Erde so schnell. Und kontinuierlich heiße Tage und Nächte bedeuten für die Gesundheitsbranche letztlich einen immensen Andrang an Patienten. Sowohl alltägliche Krankenhauseinlieferungen als auch dauerhafte Erkrankungen nehmen zu. Deshalb stellen Menschen aus dem Gesundheitswesen nun selbst Klimaforderungen. Neben Schülerschaften und Studierenden demonstrieren auch Ärzt*innen.

Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG)

Mit der Aufschrift: „Klimawandel macht krank! – Patientin Erde auf der Intensivstation“ halten die engagierten Mitglieder der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) regelmäßig Mahnwachen ab – an der Charité, beim deutschen Ärztetag in Münster und auch bei Fridays for Future in Berlin. Gegründet im Oktober 2017 erfährt die KLUG durch die Fridays for Future Bewegung zunehmend Dynamik. „In letzter Zeit bekommen wir immer mehr Zulauf. Es hat sich richtig viel getan“, lobt Ludwig Brügmann, Regionalleiter von KLUG in Berlin, den spürbaren Effekt des jugendlichen Protests. KLUG will sich vergrößern und auch andere medizinische Berufe einbinden. „Pflegepersonal besitzt großes Potenzial“, so Brügmann, dem der Verein bisher zu „ärztelastig“ ist.

Marburger Bund fordert Begrenzung

Indes stößt Klimaschutz in der Ärztewelt auf offene Ohren. Der Marburger Bund, mit 118.000 Mitgliedern der größte deutsche Ärzteverband, forderte auf seiner Hauptversammlung in Münster eine Begrenzung des menschengemachten Klimawandels und dessen Folgen für die Gesundheit. Der nächste Ärztetag 2020 greift das Thema Klimawandel und Gesundheit erstmalig auf . Und seit Juni 2019 besetzt die Charité eine Professur für Klimawandel und Gesundheit.

Klimaneutrale Gesundheitswirtschaft – KLIK green qualifiziert Klimamanager*innen für Kliniken

Da in Europa fünf Prozent der Emissionen auf den Gesundheitssektor zurückgehen, versteht sich von selbst, dass wir eine klimaneutrale Gesundheitswirtschaft brauchen. Das soeben gestartete Projekt KLIK green leistet dazu einen wichtigen Beitrag, indem es Klimamanager*innen in Krankenhäusern qualifiziert und hilft, unnötige Energielecks zu stopfen.

Dass wir erst wiederholte Rekordtemperaturen, Trockenheit, Ernteausfälle, Gesundheitsprobleme und protestierende Schülerinnen und Schüler brauchen, damit Klimaschutz ins Bewusstsein tritt, ist traurig. Aber immerhin kommt nun Bewegung in den Kampf gegen die Zeit und für die Zukunft.

Links:

www.spektrum.de/news/steckt-der-klimawandel-hinter-dem-jahrhundertsommer-2018/1592074

www.zeit.de/wissen/umwelt/2017-05/klimawandel-erderwaermung-co2-meeresspiegel-fakten-beweise

www.zeit.de/wirtschaft/2018-07/landwirtschaft-deutschland-bauern-ernteausfaelle-duerre-trockenheit

www.klimawandel-gesundheit.de/wp-content/uploads/2018/11/Klima-Mahnwache-Aufruf.pdf

www.marburger-bund.de/sites/default/files/files/2019-05/Beschl%C3%BCsse_135_HV_.pdf

www.aerzteblatt.de/nachrichten/103540/Klimawandel-wird-ein-Schwerpunktthema-des-naechsten-Aerztetags

www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/erste_professur_fuer_klimawandel_und_gesundheit_in_deutschland/

www.bund-berlin.de/themen/klima-ressourcen/energie-klimaschutz/gesundheitswesen/

www.klik-krankenhaus.de/startseite/

 

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