Wir alle verbringen gerade viel mehr Zeit zu Hause als gewöhnlich. Außer Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Buchläden, Fahrradhandel und Baumärkten (Stand 11.4. für das Bundesland Berlin) haben alle Geschäfte bis auf unbesteimmte Zeit geschlossen. Wenn nun die Glühbirne oder der Drucker kaputt gehen, scheint es die einzige Möglichkeit, diese online zu bestellen. Weiterhin bringt uns die viele Zu-Hause-Zeit auf die Idee, lange geplante Hobbies nun endlich mal umzusetzen. Aber worauf sollten wir beim Online-Einkaufen achten, um auch hier nachhaltig zu handeln?
Die Zahlen des Onlinehandels vor Corona
Das Marktvolumen des deutschen Onlinehandels ist 2018 auf 53 Milliarden Euro gewachsen – Tendenz steigend! Immer mehr Menschen entdecken Online-Shopping für sich. Am beliebtesten waren dabei bisher Kleidung sowie Elektrogeräte [1]. In der Coronakrise ist Onlineshopping oft eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten, um Produkte und Güter auf möglichst hygienischem Weg und trotz Ladenschließungen zu beschaffen.
Mehr Online-Shopping während Corona?
Dennoch verzeichnet auch der Onlinehandel einen Rückgang im Konsumverhalten bei den genannten Gütern [2]. Während im Supermarkt vor allem Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs nachgefragt werden, sind es im Onlinehandel derzeit Güter, die vielen den Alltag zu Hause erleichtern sollen: Tischtennisplatten, Fitnessgeräte oder Zubehör sowie Puzzle sind im Schnitt zwei bis drei mal so gefragt wie vor der Krise[3].
Nachhaltig online einkaufen: Worauf kommt es an?
Der Onlinehandel birgt erstmal viele nicht nachhaltige Praktiken: So werden Produkte oft aufwendig in Pappe, Plastik, Styropor oder Schutzfolien verpackt, um unversehrt angeliefert zu werden. Es entstehen darüber hinaus Transportkosten der Paketdienste. Hinzu kommen die zahlreichen Rücksendungen von Kundinnen und Kunden. Die zurück gesandten Waren, vor allem Bekleidung, werden oft vom Händler vernichtet. Jedes sechste Paket wird zurückgeschickt. Im Jahr 2018 waren das allein in Deutschland 532 Pakete pro Minute[4]! Geschätzte 20 Mio. Produkte wurden von den Händlern anschließend entsorgt – es entsteht unnötiger Müll durch Güter, die aufwendig produziert aber nie genutzt wurden[5]!
Doch online einkaufen kann auch nachhaltig geschehen: Es gibt bereits ein großes Angebot an Onlineshops, die mit nachhaltigen Produkten und Qualitätsstandards arbeiten. Die Ökobilanz kann sogar besser ausfallen beim Offlineshopping, wenn dadurch auf eine längere Autofahrt zum Fachhandel verzichtet wird. Das ist vor allem in ländlichen Regionen ein Argument für Auslieferungen per Paketbote.
Einige Auflistungen und Anregungen für nachhaltige Shops findet ihr z.B. bei WeGreen, oder Utopia. Dabei geht es nicht nur um nachhaltige und plastikfreie Produkte, sondern auch um deren Auslieferung und ob das Unternehmen eigene Nachhaltigkeitskriterien hat. Um nachhaltig online einzukaufen, solltet ihr deshalb folgende Fragen vor dem Kauf überprüfen: Brauche ich das Produkt wirklich? Vor dem Bestellen einfach mal eine Nacht drüber schlafen und erst dann entscheiden. So kann der eine oder andere Impulskauf vermieden werden.
- Verkauft der Onlineshop Produkte mit Nachhaltigkeitssiegel?
Dazu gehören je nach Produktart z.B. der blaue Engel, das EU Ecolabel, GOTS oder FSC. Eine Übersicht zu Siegeln findet ihr beim Umweltbundesamt oder auch sehr detailliert bei Stiftung Warentest.
- Erfolgt der Versand CO2-neutral?
Viele nachhaltige Onlineshops gleichen die entstehenden Emissionen aus oder – noch besser – versuchen, einen möglichst emissionsarmen Versand zu ermöglichen – z.B. auch mit E-Autos oder Lastenrädern (DHL und DPD bieten dies derzeit an). Lagerkapazitäten und eine Herstellung in Deutschland/Europa sorgen außerdem für kürzere Lieferwege.
- Achtet der Onlineshop auf wenig oder recyclebare Verpackung?
Statt Schutzfolien, Styropor und Co. gibt es viele Alternativen: recyclebare Verpackungen aus Pappe, Stroh oder auch Mehrweg-Systeme, die verwendet werden können. Informiert euch vorm Kauf darüber, wie der Onlineshop die Verpackung gestaltet.
- Hat das Unternehmen auch sonst ein Nachhaltigkeitskonzept?
Um die Nachhaltigkeit vollständig zu denken, solltet ihr auch beachten, ob das Unternehmen, das die Produkte anbietet, z.B. mit Ökostrom arbeitet und auf seinen eigenen ökologischen Fußabdruck achtet. Auch hier gibt es ein Zertifikat für Unternehmen, das Umweltmanagement bestätigt: EMAS.
Und hier nochmal zusammengefasst fünf Tipps und Kriterien, um sowohl während als auch nach der Coronakrise nachhaltig einzukaufen:
- Ganz generell: Brauche ich das wirklich? Gibt es die Option, es vielleicht Second Hand zu kaufen?
- Mit Bedacht einkaufen und Retouren vermeiden
- Auf Siegel und Nachhaltigkeitsstandards achten
- Besonders in Corona Zeiten, aber immer sinnvoll: lokale Unternehmen unterstützen und somit auch Transportwege kürzen – gerade zur Zeit gibt es viele Angebote!
- Soziale Aspekte mitdenken: Paketdienste leisten gerade viel und werden oft schlecht bezahlt!
[1] Handelsverband Deutschland 2019: Online Monitor 2019 Internetadresse: https://einzelhandel.de/index.php?option=com_attachments&task=download&id=10168
[2] Spiegel 6 April 2020: Auch Onlinehandel klagt über sinkende Umsätze https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/corona-krise-auch-online-handel-klagt-ueber-sinkende-umsaetze-a-5b0a62b5-c2fa-4a6a-872d-f4d27cd27dc5
[3] Check24 Presseportal 3 April 2020: https://www.presseportal.de/pm/73164/4563443
[4] Spiegel 12 März 2019: Die Retourenrepublik https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/amazon-zalando-otto-die-retouren-republik-deutschland-a-1271975.html
[5] Retourenforschung Uni Bamberg: http://www.retourenforschung.de/info-hintergruende-der-retourenentsorgung—studie-ausgewertet.html
Weitere Links:
BUND-Projekt “NKI: Klimafreundlicher Lieferverkehr für saubere und lebenswerte Städte“ www.BUND.net/lieferverkehr
PM “In der Corona-Krise regionale Strukturen stärken – lokal einkaufen hilft Kleinunternehmen und Umwelt” https://www.bund-berlin.de/service/presse/detail/news/in-der-corona-krise-regionale-strukturen-staerken-lokal-einkaufen-hilft-kleinunternehmen-und-umwelt/
Die Autorin ist Magdalena Bauer, Abfallberaterin des BUND
Ein sehr guter Beitrag, vielen Dank dafür. Ich persönlich ärgere mich über die Textilindustrie, deren Qualität nur noch auf billig und „nicht recycelbar“ ausgerichtet ist. Deshalb wird auch so viel Kleidung wieder zurück geschickt, denn Bilder täuschen und plötzlich sieht das Kleid oder T-Shirt total verzogen aus.
Also gehe ich lieber in ein Geschäft, ist irgendwie schöner und wenn man im Laden kauft, hat meine keine unnötige Verpackung und gibt die Ware auch nicht zurück.
Mehr Verpackung
Es ist traurig, dass in Zeiten der Krise plötzlich das Verpackungsverhalten und das Sparen dieser verloren geht. Da wird leider mehr Verpacktes gekauft, es könnte ja kontaminiert sein. Die Anstrengungen der verschiedensten Verbände Müll zu vermeiden wird ad Absurdum geführt. Jetzt ist die Zeit das Konsumverhalten zu überdenken!
Schön, Ont the top!
Ein kleiner Zusatz würde mir ja noch einfallen: Gerade lokale Händler können kleinere Produkte auch mit dem Lastenrad oder der Transportrikscha ausliefern. Vereinzelt gibt es sowas schon. Auch das ist sinnvoll und ökologisch. Sprecht Eure Lieblingshändler ruhig mal auf die Idee an.