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Was hat der Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals für die Binnenschifffahrt gebracht?

Ein Rückblick nach 10 Jahren

Zur Erinnerung:

Im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit gab es und gibt es immer noch das Projekt 17, das den Ausbau der Schifffahrtsverbindung via Mittelandkanal über Hannover zum Ziel hat. Bei Magdeburg wurde dazu zur Überquerung der Elbe eine Trog-Brücke errichtet. Ab der Stadt Brandenburg sollte die seenartige Mittlere Havel und daran anschließend der Sacrow-Paretzer Kanal (SPK) ausgebaut werden.

Vorgesehen waren auf den Fluss- und Kanalabschnitten Vertiefungen auf 4 m, bei den Havel-Seen auf 3,50 m und Verbreiterungen des Gewässerbetts bis zu 55 m. Zusätzlich sollten Gewässerkurven für Großschubverbände weitläufig begradigt und auf 75 m erweitert werden. Die Baukosten wurden auf ca. 2,6 Mrd. € veranschlagt.

Rückblick:

Am 5.11.2012. vor über 10 Jahren erfolgte der Planfeststellungsbeschluss zum SPK, also ist es Zeit für einen Rückblick! Der Autor dieser Zeilen war damals selbst an den Protesten und der anschließenden Klage beteiligt.

Grundlage für das Ausbauprojekt waren diverse Gutachten zur Verkehrsentwicklung des Binnenschiffs­transports von Planco Consulting, die Eingang in den Bundesverkehrswegeplan von 1992 fanden. Von Planco wurden für das Jahr 2010 14 Mio. t Güterumschlag allein für die Berliner Häfen prognostiziert. Schon damals war den zahlreichen Kritikern dieses Vorhabens klar, dass hier massiv schöngerechnet wurde. Im Laufe der Zeit sanken dann die Prognosewerte immer weiter. So ging der Berliner Hafenmasterplan von 2001 nur noch von 8-9,2 Mio. t Umschlag aus.

Durch die sinkenden Prognosewerte kam es auch zu einer Reduzierung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von 6,3 auf 2,1. Damit war der Ausbau unwirtschaftlich geworden und man hätte ihn sofort stoppen müssen. Den Mut, dies zu fordern, hatte jedoch kein Parlamentarier im Bundestag. Keiner wollte sich dem Vorwurf aussetzen, er würde dadurch den Aufbau Ost verhindern.

Zahlreiche Proteste von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen in Berlin, Brandenburg und teilweise auch in Sachsen-Anhalt begleiteten über Jahre hinweg das Ausbauvorhaben. In Brandenburg sollte als erste Maßnahme der Sacrow-Paretzer Kanal ausgebaut werden. Am 17.7.2009 erfolgte dazu der Planfeststellungsbeschluss durch das Wasserstraßenneubauamt Magdeburg (WNA).

Gegen den Beschluss reichte am 19.9.2009 der BUND Berlin stellvertretend Klage ein.

Bereits am 29.12.2009 erfolgt ein Vergleich vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ergebnis: keine Verbreiterung des Kanals zum Schutz des Altbaumbestands, aber weiterhin Vertiefung des Kanals auf 4 m. Eine Weiterführung der Klage zum völligen Verzicht auf den Ausbau wäre wohl aufgrund der schon erfolgten und weitgehend fertiggestellten Kanalabschnitte am Mittelandkanal erfolglos gewesen. Zumindest die beiderseitigen Baumreihen entlang des Kanals konnten so erhalten werden.

Der reduzierte Planfeststellungsbeschluss für den SPK erfolgte dann am 5.11.2012.

Bauzeit war von 2014-2017.

Weiterer Erfolg für den Gewässerschutz

Die Reduzierung der Ausbaumaße wurde nunmehr aber für die weiteren Bauabschnitte in Berlin und Brandenburg beibehalten, was durchaus als Erfolg zu werten ist.

Für die Ausbaustrecke innerhalb Berlins von der Pfaueninsel über Havel und Spree bis zur Charlottenburger Schleuse mit nunmehr reduziertem Ausbaumaß erfolgte am 1.3.2018. Hier war der offizielle Baubeginn 2021, es wird derzeit nur abschnittsweise gebaut, z.B. erfolgt der Abtrag des „Spandauer Horns“ an der Spreemündung.

Auch beim Ausbau der Mittleren Havel von der Stadt Brandenburg bis zum Sacrow-Paretzer Kanal sollen nach Angaben des WNA nur naturschonende geringe Eingriffe erfolgen. So wurde z.B. auf den ursprünglich geplanten Durchstich des Deetzer Knies verzichtet. Soweit bekannt, erfolgten hier noch keine Baumaßnahmen.

Der Ausbau des Teltowkanals, hier vor allem der Klein-Machnower Schleuse wird nicht weiterverfolgt, da dieser eindeutig unwirtschaftlich ist.

Insgesamt ist also Projekt 17 aber noch immer nicht abgeschlossen.

Was hat der Ausbau nun gebracht?

Prognostiziert waren ein Güterumschlag der Berliner Häfen für das Jahr 2010 von 14 Mio. t. Der tatsächliche Umschlag betrug 2010 aber nur rund 3,6 Mio. t (Empfang und Versand).

Abb. : Güterumschlag per Binnenschiff in Berlin und Brandenburg von 1993 -2020. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg. Https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/archiv/h-ii-1-m

 

Seit dieser Zeit befindet sich die Transportmenge weiter im freien Fall. 2021 lag der Güterumschlag in Berlin bei 1,6 Mio. t. Auch für 2022 ist ein weiterer leichter Rückgang feststellbar. Genaue Zahlen lagen noch nicht vor.

Für die Zukunft ist eher ein weiterer drastischer Rückgang zu erwarten, wenn z. B, die Kohletransporte für die verbliebenen Kraftwerke wegfallen.

Containertransporte per Schiff, mit denen ebenfalls der Ausbau begründet wurde, finden bis heute nicht statt. Die Container vom Hamburger Hafen bis zum Berliner Westhafen werden allesamt per Bahn oder auch in geringem Umfang per LKW transportiert. Das Binnenschiff ist hier viel zu langsam und wohl auch zu teuer.

Fakt ist also, dass das Binnenschiff die Verbesserungen des Fahrwegs nicht in höhere Transportmengen umsetzen konnte. Die oft von Verkehrspolitiker erhoffte sogenannte Transportverlagerung fand zwar statt, aber in umgekehrter Richtung hin zu Bahn und LKW. Die Prognosewerte, die dem Ausbau zugrunde lagen, waren reine Phantasie.

Dazu kommt jetzt noch der Klimawandel. Niemand weiß genau, wie sich dadurch die Fahrbedingungen durch Niedrigwasserphasen trotz Ausbau weiter verschlechtern werden.

Fazit:

Durch die Klage des BUND, die immerhin zu einer Reduzierung der Ausbaumaße führte, konnten wir die Naturzerstörung zwar reduzieren aber nicht völlig verhindern, haben aber dem Verkehrsminister eine Menge Geld erspart.

Da wäre doch eine großzügige Spende an den BUND durchaus angemessen gewesen?

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