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Die TVO ist ein Anschlag auf gefährdete Pflanzen

Artenschützer erwartet Verschwinden der Biotoparten und sehr seltenem Eichenwald

© by Stefan Lefnaer (CC BY-SA 4.0)

Die Natur in der Wuhlheide ist ein Schatz, der weit über die Grenzen Berlins hinausweist. Das wurde deutlich bei einem Expertenforum Mitte Mai, zu dem die Bürgerinitiative Wuhlheide in das Stadion an der Alten Försterei eingeladen hatte. Rund 150 Interessierte folgten den Vorträgen, stellten Fragen. Kein einziger der Anwesenden sprach sich für das vom Senat forcierte Vorhaben, unter dem Namen Tangentiale Verbindung Ost (TVO) eine vierspurige Hochleistungsstraße durch das Gebiet zu schlagen.

Noch bis 8. Juli kann eine Einwendung gegen die TVO geschrieben werden.

Detaillierte Informationen zur Pflanzenwelt im Gebiet und deren Bedrohung durch das mindestens 400 Millionen Euro schwere Vorhaben lieferte Justus Meißner von der Koordinierungsstelle Florenschutz der Stiftung Naturschutz Berlin. Von den 282 sogenannten Zielarten des Florenschutzes, die die Koordinierungsstelle Florenschutz in ihr Berlin-Monitoring einbezieht, kommen allein 31 im Gebiet der Wuhlheide vor. Ein “Topgebiet” nennt Meißner deswegen die Wuhlheide, wenn er den Vergleich zu den benachbarten Naturflächen Plänterwald, Köllnischer Heide und Königsheide mit zwei bis zehn Zielarten zieht.

“Bei den Gesamtartenzahlen ist die Wuhlheide mit über 500 ebenfalls Spitzenreiter. Über 77 Rote-Liste-Arten. Das sind Arten, die zum Teil nur noch an zwei Fundorten in Berlin vorkommen”, erläutert Meißner. Als besonders bedrohte Pflanzenarten nennt er Violette Schwarzwurzel, Niedrige Schwarzwurzel und die Sibirische Schwertlilie.

“Top-Art das weiße Fingerkraut mit großen Beständen. Das ist das einzige Vorkommen in Berlin. In Brandenburg gibt es noch acht bis zehn Vorkommen. Die sind aber in der Regel kleiner. Danach ist auch ein besonderer Wald benannt worden, der Fingerkraut-Eichenwald”, so Meißner. In einer Veröffentlichung zur Waldvegetation in Nordostdeutschland sei dieser Fingerkraut-Eichenwald in der Wuhlheide als Referenz dargestellt für den Waldtyp in ganz Nordostdeutschland. “Und das hat auch seinen Grund: In den anderen Bereichen von Nordostdeutschland findet man diesen Waldtyp kaum noch, er wird als vom Aussterben bedroht angesehen”, sagte der Experte. Dazu komme noch der ebenfalls sehr wertvolle Straußgras-Eichenwald.

Insgesamt sei die Wuhlheide also “ein Lebensraum von zahlreichen hochgradig gefährdeten Arten; da muss man eben nicht nur an die Pflanzenarten, sondern auch an Tierarten denken”, erläuterte Meißner. Dazu gehören diverse Fledermaus-Arten.

Zwar würden diese Biotope bereits jetzt teilweise durch die Eisenbahntrasse des Berliner Außenrings durchschnitten. Aber sie ist für die Arten auch durchlässig. Die Arten können von den Waldbereichen im Osten nach Westen wandern”, sagte Meißner. Das gelte für Tiere und teilweise auch Pflanzen.

“Diese Straße, die da durchgehen soll, wird eine Barriere. Man muss auch feststellen, dass dann dieser Verbund zwischen den Waldteilen verschwinden wird. Und das ist wieder eine  Zersplitterung von Biotopen, was negativ für die Arten ist”, sagte er zu den Auswirkungen, wenn die TVO tatsächlich gebaut würde. Zumal durch die bessere Erreichbarkeit auch der Nutzungsdruck auf die Naturflächen durch Freizeitnutzung steigen würde. Das müsste bei so einer Planung, bei der Beurteilung der Auswirkungen, eigentlich auch berücksichtigt werden”, so Meißner. Er forderte eine “kumulative Betrachtung im Zusammenhang mit anderen Auswirkungen, die im Umfeld so einer Planung passieren”.

“Es ist ein Verschwinden der Biotoparten zu erwarten und unter Umständen wird sich auch dieser Wald dort nicht halten lassen”, lautet Meißners Prognose. “Mit Ersatzpflanzung, Aufforstung können zwar flächenmäßige Verluste ersetzt werden, aber die Lebensgemeinschaften können nicht ersetzt werden”, warnte er.

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