Es ist ein großer Schritt für den Waldsee in Berlin-Zehlendorf. Bis 2025 soll der sich meterdick auf dem Grund türmende Schlamm ausgebaggert sein. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf kann dies umsetzen, nachdem er dafür 725.000 Euro Fördermittel aus dem Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE 2) erhalten hat. Das gab Bezirks-Umweltstadtrat Urban Aykal (Grüne) beim zweiten “Dialog am Waldsee” am 16. Juli bekannt. Eingeladen hatte dazu der BUND Berlin für das Wassernetz Berlin gemeinsam mit dem Waldsee e.V. Zu den Teilnehmenden gehörten Anwohner*innen, der Umweltstadtrat, Vertreter*innen der Unteren Naturschutzbehörde, des Straßen- und Grünflächenamts, der Berliner Wasserbetriebe, die Vorsitzende des bezirklichen Umweltausschusses, Marela Bone-Winkel (CDU), weitere Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung und der Steglitz-Zehlendorfer CDU-Kreischef Stephan Standfuß, der auch Mitglied des Abgeordnetenhauses ist.
Ungeklärte Straßenabwässer sind das Problem
Der zwischen dem U-Bahnhof Krumme Lanke und dem S-Bahnhof Mexikoplatz gelegene Waldsee leidet unter der Einleitung unbehandelter Straßenabwässer, die an der Fischerhüttenstraße im Norden, der Goethestraße im Südwesten und der Argentinischen Allee im Süden in das Gewässer fließen.
Regenwasser, das von Verkehrsflächen abfließt, ist hochbelastet. Die Schadstoffe wie Schwermetalle, Kohlenstoffverbindungen, Stickoxide, Salze und Mikroplastik stammen von Autoabgasen, Fahrbahnbelägen, Autoreifen, Bremsbelägen, Katalysatoren, Tropfverlusten aus dem Auspuff, Korrosionsverlusten von Autos und von Streusalzen. Hinzu kommen hohe Nährstoffeinträge in Form von Phosphor aus ausgewaschenen Böden, Pflanzenresten und Tierexkrementen.
Die Einträge haben im Südteil des Waldsees eine meterhohe Faulschlammschicht gebildet und befeuern das Algenwachstum im See mit einer Sauerstoffarmut als Folge und einer starken Geruchsbelastung im Sommer. Da das Waldseewasser so stark belastet ist, wurde der Ablauf in Richtung Schlachtensee für den Fall eines Hochwassers 1980 gekappt. Seither ist der Waldsee abflusslos, was im Jahr 2017 zu einem fünfwöchigen Hochwasser führte, in dessen Folge zahlreiche Uferbäume gefällt werden mussten.
Politik hat Wort gehalten
Bei unserem ersten Dialog im August 2022 haben wir die Probleme bei einer Bootsrundfahrt aufgezeigt und im Anschluss mit dem Publikum aus Anwohnerschaft, Politik und Verwaltung diskutiert, welche Lösungen es gibt, um die Schad- und Nährstoffeinträge zu reduzieren. Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung, des Abgeordnetenhauses und Bezirksstadtrat Urban Aykal sendeten damals positive Signale, sich für eine ökologische Verbesserung einsetzen zu wollen.
So beschloss die Bezirksverordnetenversammlung den Antrag „Schutz Kleingewässer Steglitz-Zehlendorf insbesondere Waldsee“. Demnach ist das Bezirksamt aufgefordert, Maßnahmen zur Säuberung, Instandsetzung und Instandhaltung der Kleingewässer des Bezirks zeitnah insbesondere für den Waldsee zu ergreifen.
Bezirksstadtrat Urban Aykal lud insgesamt zwei Mal zu einem Runden Tisch ein, bei dem neben dem Waldsee e.V., die Verwaltung, die Berliner Wasserbetriebe und die Umweltverbände anwesend waren. Beim ersten Treffen stand die Kanalöffnung zum Schlachtensee im Falle eines Hochwassers im Vordergrund, beim zweiten Runden Tisch die Entschlammung des Waldsees.
In der Folge erhielten die Berliner Wasserbetriebe die wasserbehördliche Genehmigung, den Überlauf in Richtung Schlachtensee bei Hochwasser zu ertüchtigen. Wie Christian Försterling von den Berliner Wasserbetrieben berichtete, ist seit Anfang des Jahres eine Überlaufschwelle mit Steckschieber im Einsatz. Die Überlaufereignisse werden zudem dokumentiert.
Phosphate fällen
Alle Teilnehmenden des zweiten Runden Tischs betonten, wie wichtig es sei, dass nach der Teilentschlammung die Schad- und Nährstoffe gar nicht mehr in das Gewässer gelangen.
Der Waldsee e.V. hat zu Beseitigung von Phosphor die zwei Verfahren „Depodos“ und „Pelicon“ vorgestellt.
Bei dem Depodos Verfahren soll eine Anlage zur Phosphat-Fällung am Regenwassereinlauf der Argentinischen Allee errichtet werden. Sobald Regenwasser in den Waldsee fließt, soll automatisch flüssiges Fällmittel (Eisen-III-Chlorid) freigesetzt werden, das durch Turbulenzen im Kanalrohr mit dem Straßenregenwasser vermischt wird und das Phosphat ausfällt. Die dabei entstehenden Flocken gelangen in den Waldsee und lagern sich am Grund ab.
Bei dem Pelicon-Verfahren wird aus dem Tiefenwasser (Hypolimnion) während der Sommerschichtung Seewasser in eine Reinigungsanlage gepumpt, die sich in einem Container am Gewässerufer befindet. Das Wasser wird in der Anlage mit einem Fällmittel versehen und Phosphat so zum Ausflocken gebracht. Die entstandenen Flocken werden in einem nächsten Schritt vom Wasser abgetrennt und das gereinigte Seewasser schließlich wieder dem See zugeführt.
BUND und BLN wollen auch an die Schadstoffe ran
Zwar kann mit den vorgeschlagenen Verfahren der übermäßige Nährstoffeintrag in den Waldsee reduziert werden. Schadstoffe würden aber weiterhin in den See gelangen. Der BUND Berlin und die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) fordern jedoch, Straßenabwässer dezentral am Entstehungsort zu reinigen. Dies ist vergleichsweise kostengünstig möglich, wie eine Studie der Technische Universität Berlin und weiterer Partner im Projekt OEMP (Optimierte Materialien und Verfahren zur Entfernung von Mikroplastik aus dem Wasserkreislauf) aus dem Jahr 2016 unter anderem an der Clayallee gezeigt hat. Empfohlen wird, dass vor allem die Grobstoffeimer in den Berliner Gullys, mit zusätzlichen Filtern versehen, gezielt eingebaut werden sollten, wodurch ein guter Stoffrückhalt bei niedrigen Kosten und Umweltbelastungen erreicht werden kann.
Die große Lösung mit dem Krummen Fenn in Düppel
Eine weitere Möglichkeit besteht laut BUND Berlin und BLN darin, Regenwasser nicht in den Waldsee, sondern Luftlinie rund anderthalb Kilometer südlich in das Krumme Fenn einzuleiten. In dem Landschaftsschutzgebiet gibt es ausreichend Platz für einen Retentionsbodenfilter, der die höchste Reinigungsleistung aller Reinigungssysteme aufweist. Das Krumme Fenn befindet sich in einem schlechten ökologischen Zustand, weil hier bereits aus einem anderen Einzugsgebiet Regenwasser ungefiltert eingeleitet werde. Beide Gewässer, das Krumme Fenn und der Waldsee könnten so von einem Retentionsbodenfilter profitieren.
Wie geht es weiter?
Bezirksstadtrat Urban Aykal möchte nach der Sommerpause zu weiteren Runden Tischen einladen, bei denen mit Expert*innen Lösungen gefunden werden sollen, wie die Schad- und Nährstoffeinträge in den Waldsee reduziert werden können. Folgende Optionen sollen Gegenstand der Runden Tische sein:
- Dezentrale Reinigung von Straßenabwässern
- Depodos und Pelicon
- Retentionsbodenfilter und Umleitung in das Krumme Fenn
- Die Pflanzung von Röhricht an den Einleitstellen
- Synergien mit der U3-Verlängerung (ggf. Kompensationsgelder)
- Blaue-Perlen-Programm
Darüber hinaus berichtet der Stadtrat, dass die Parkanlagen rund um den Schlachtensee und Krumme Lanke klimasensibel umgebaut werden, wovon auch der Wasserhaushalt am Waldsee profitieren soll.
Naturbasierte Lösung gegen Faulschlamm und für ein natürliches Gleichgewicht in Berliner Seen / urbanen Gewässern:
https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/werkzeuge-der-anpassung/tatenbank/regenrueckhalt-sediment-gewaesser-revitalisierung
Liebe Frau Jäger, haben Sie vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihren Hinweis zu dem Verfahren. Wir werden uns diesen genauer ansehen und ihn ggf. als einen Lösungs-Baustein in die weitere Diskussion mit einbringen. Priorität haben für uns allerdings Verfahren, die verhindern, dass Nähr- und Schadstoffe überhaupt im Gewässer landen. Dies wird allerdings nicht immer möglich und vor allem nicht immer schnell umsetzbar sein. Von daher sind wir über Hinweise wie diese dankbar.
Wenn erst die Abwasser von der geplanten Baustelle U3- Verlängerung Krumme Lanke zum Mexikoplatz und darüber hinaus auf der Lindenthaler Allee- (dann ohne Allee-Bäume) – von der neu entstehenden U3-Endstation ‘Mexikoplatz’ plus darauffolgendem Wende- und Abstellbahnhof (die Baugrube soll mehr als 30 m Tiefe und unter dem Grundwasser betragen), wenn also all dies Wasser dann in den Schlachtensee geleitet wird – wo bleibt dann die viel beschworene Wasserqualität unseres beliebtesten Badegewässers? Hat dies jemand bedacht, als sich der BUND Berlin für dieses Irrsinnsprojekt ausgesprochen hat? Auch die Bilanz von 176 gefällten Straßenbäumen längs der beiden Alleen dürfte dem BAUMREPORT Ihrer Organisation nicht zuträglich sein! Ich werde meine Mitgliedschaft hier kündigen.
Stichworte: “der sehr teure und langjährige U-Bahnbau” (aus Rundbrief/Newsletter 2021)/ BAUMREPORT jährl. etc.
Als BUND halten wir den U-Bahn-Bau hier für sinnvoll, da er eine wichtige Verbindung zwischen U- und S-Bahn herstellt und damit den öffentlichen Nahverkehr in einem Bezirk mit hohem Autoanteil stark verbessert. Mit dem Ausbau des ÖPNV wird es möglich, die Belastung durch den Autoverkehr zu mindern und damit gelangen auch weniger belastende Einträge von Straßen in die umliegenden Gewässer.
Im konkreten Fall sind wir gerade dabei die Planungen zu sichten, um dann auch den nachhaltigsten Ausbau einzufordern. Dazu müssen aber noch einige Fragen fachlich geklärt werden. So zum Beispiel, ob alle Bäume gefällt werden müssen? Wird das Grundwasser beeinträchtigt? Wie kann der Eingriff entsprechend minimiert bzw. ausgeglichen werden?