Reparieren statt Wegwerfen ist ein zentraler Baustein für die dringend benötigte Ressourcenwende. Verlängerte Produktlebenszyklen vermeiden Abfall, reduzieren den Rohstoffverbrauch und schonen das Klima. Sie stärken zudem lokale Communities, fördern handwerkliche Kompetenzen und wirken gesellschaftlicher Wegwerfmentalität entgegen.
Der BUND Berlin und das INKOTA Netzwerk luden am 25. Juni 2025 zu der Informationsveranstaltung und Podiumsdiskussion „Reparaturhauptstadt Berlin – Gemeinsam raus aus der Wegwerfkrise“ in den Kiezraum Kreuzberg ein.
Trotz sommerlicher, schwüler Temperaturen kamen zahlreiche Reparatur-Expert*innen, politische Vertreter*innen und interessierte Fachleute zusammen, um ein Thema zu diskutieren, das im ersten Moment unspektakulär klingen mag, aber enorme gesellschaftliche, ökologische und wirtschaftliche Relevanz besitzt: Reparieren statt Wegwerfen.
Globale Perspektive: Videobotschaft von Mathew Lubari (CC4D, Uganda/Südsudan)
Zum Auftakt der Veranstaltung meldet sich Mathew Lubari, Direktor der Organisation Community Creativity for Development (CC4D), mit einer Videobotschaft. In Uganda und dem Südsudan hat er zahlreiche Repair Cafés aufgebaut – Orte, die für ihn weit mehr sind als bloße Reparaturstationen.
Lubari sieht sie als soziale Lernräume, in denen handwerkliches Wissen weitergegeben wird, Gemeinschaft entsteht und zugleich wertvolle Ressourcen geschont werden. Für die Zukunft wünscht er sich, dass es mehr Angebote für die junge Generation gibt.
Seine Botschaft: Kann in diesem Video nochmal nachgehört werden:
Praxisnaher Impuls aus Niedersachsen: das RessourcenZentrum Oldenburg
Anschließend gab Dr. Katharina Dutz einen Einblick in die Arbeit des RessourcenZentrums Oldenburg. Eine bundesweit einmalige Einrichtung, die professionelle Werkstätten für Reparaturleistungen und Bildungsangebote unter einem Dach vereint.
Die Mischung aus Technik, Workshops und sozialer Integrationsangebote macht das Zentrum zu einem Modellprojekt für andere Städte. Besonders eindrucksvoll: Die enge Verzahnung von praktischer Reparaturarbeit mit niedrigschwelliger Bildungsarbeit für unterschiedliche Altersstufen und Menschen mit und ohne Behinderung.
Der Vortrag von Dr. Katharina Dutz kann in diesem Video nochmal angesehen werden:
Kommunale Handlungsspielräume: Leitfaden zur kommunalen Reparaturförderung
Alena Romanova vom Runden Tisch Reparatur präsentierte daraufhin den neuen Leitfaden für kommunale Reparaturförderung – ein praktisches Werkzeug, das Kommunen helfen soll, Reparaturstrukturen aktiv zu stärken.
Der Leitfaden umfasst zwölf konkrete Maßnahmen, gebündelt in vier Handlungsfelder:
- Erfahrungen ermöglichen (z. B. durch Reparaturbildung fördern, Reparaturevents organisieren, Reparaturzentren etablieren und fördern)
- Reparierende unterstützen (z.B. durch Förderprogramme für Nachwuchs und Austausch, Infrastruktur)
- Interne Prozesse (z.B. nachhaltige kommunale Beschaffung, interne Reparaturstrategien und für das Thema sensibilisieren)
- Information, Bewusstseinsbildung & Beratung (z.B. durch Reparaturbonus, Öffentlichkeitsarbeit, Verankerung von Reparatur in der Abfallberatung)
Kommunen haben häufig einen größeren Handlungsspielraum, als gedacht. Mit dem Leitfaden werden sie bei der praktischen Umsetzung unterstützt.
Der Vortrag von Alena Romanova kann hier nochmal angesehen werden:
Podiumsdiskussion: Reparaturpolitische Signale aus dem Berliner Abgeordnetenhaus
In der abschließenden Podiumsdiskussion erörterten:
- Linda Vierecke, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion
- Benedikt Lux, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
- Michael Efler, klimapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE
- Tobias Quast-Malur, Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik beim BUND Berlin
- (Danny Freymark, CDU-Fraktion, war krankheitsbedingt leider verhindert)
- Moderation: Isabelle Ritter (Vorstand BUND Berlin e.V.)
Die Diskussion zeigte: Das Thema Reparatur ist in der Politik angekommen. Alle anwesenden Politiker*innen betonten, dass Berlin eine stärkere Reparaturkultur braucht – und äußerten Offenheit für weitere Schritte. Diskutiert wurde u. a. der Erfolg des Reparaturbonus, Abfallvermeidung, die Unterstützung von Reparatur-Netzwerken, potenzielle Reparatur-Orte, die Erweiterung der repami Plattform sowie der Ausbau von Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
Auch im Publikum zeigte sich die hohe Relevanz des Themas: Neben den Podiumsgästen waren zahlreiche Fachleute aus Initiativen, Werkstätten und Zivilgesellschaft vertreten. Viele von ihnen setzen sich seit vielen Jahren mit ihrer Expertise für ein Recht auf Reparatur und eine Ressourcenwende ein. So wurde bei den Fragen aus dem Publikum nochmal zusätzlich die Themen Textilressourcen und das Reparieren von Kleidung sowie die Unterstützung insbesondere kleinerer Reparateure hervorgehoben. Im Anschluss an die Diskussion wurden Verbindungen geknüpft und sich über den gemeinsamen Wunsch, Reparatur strukturell zu stärken und Ressourcenschonung dauerhaft zu verankern, ausgetauscht.
Fazit: Reparieren ist mehr als Flickarbeit
Was an diesem Abend spürbar wurde: Reparatur ist kein Randthema. Es verbindet die unterschiedlichsten Themenbereiche wie Ressourcengerechtigkeit, Klimaschutz, Bildung, soziale Teilhabe und Integration sowie lokale Wertschöpfung. Reparatur erfährt als politisches Ziel, als soziale Praxis und als wirtschaftlicher Impuls eine breite Unterstützung.
Ich war bei der Veranstaltung am 25.6. und fand sie suboptimal. Der Zeitraum zur Erläuterung, warum man reparieren soll, betrug geschätzt 75% der Zeit. Es müsste allen Menschen mitlerweile klar sein, dass man ncht so ohne weiteres wegwirft. Wer das noch nicht kapiert hat, der will es wohl auch nicht verstehen.
Interessant waren die übrigen ca. 25% der Zeit. Die möglichen Maßnahmen, die jetzt diskutiert wurden, waren für mich wichtig. Ich selber bin Reparateur beim BUND und gelegentlich im Bahnhof Lichterfelde West. Mein Gebiet ist Elektronik und Mechanik. Gut, dass Kleidung und Mode mit behandelt werden, ebenso Möbel und Fahrrad. Aber da bin ich nicht zu Hause.
Für mich bei der Reparatur gibt es einen intuitiven Reparaturweg oder, wenn das nicht zur Lösung führt, eine Nutzung von YouTube/Fixit. Das sind zwei wichtige Hilfen für die Reparatur und wurden nicht angesprochen. Auch wurde der finanzielle Aspekt nur gestreift. Der Reparatusbonus ist m.E. ein Tropfen auf den heißen Stein. Das fängt beim Küchenmesser schärfen an und geht über die Kaffeemaschine für 60 € bei vielleicht 150 € Reparaturkosten usw.. Eigenes Beispiel: Die Repaparatur meines Tonbandgerätes hat 750 € gekostet bei 1600 DM Anschaffungspreis. Ich habe es nicht selbst gemacht, weil ich die Messgeräte nicht habe.
Ein Zuhörer hatte sich gemeldet und mitgeteilt, dass er keinerlei Ausbildung hat, aber trotzdem Geräte reparieren kann. Als Beispiel hatte er ein Netzteil angeführt, das er reparieren konnte. Ich finde es brandgefährlich, wenn jeder Netzteile reparieren würde. Fehler an der Stelle sind lebensgefährlich und deswegen werden die Netzteile verklebt Die kann keiner ohne Zerstörung öffnen. Moderne Netzteile sind HighTech-Produkte wegen geringstem Materialverbrauch und Energieeffizienz.
Für eine Diskussion stehe gerne zur Verfügung. Mein Berufsweg: Lehre, Entwicklungsingenieur und Hochschullehrer (eremitiert) an der BHT.