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BUND klagt erfolgreich für Naturschutz in Berlin

Der BUND Berlin e.V. hat erfolgreich vor dem Berliner Verwaltungsgericht geklagt. Gegen den Bezirk Tempelhof-Schöneberg wurde dabei ein juristischer Erfolg erzielt, der sogar berlinweite Konsequenzen haben dürfte.

Der Bezirk hatte schon seit einiger Zeit Planungen für einen Multifunktionsweg (für  Fußgänger und Radfahrer gleichermaßen nutzbar) im sog. Wannseebahngraben zwischen den S-Bahn-Stationen Yorkstraße und  Schöneberg vorangetrieben. Die Idee eines Multifunktionsweges unterstützte der BUND zwar grundsätzlich, jedoch entschied sich der Bezirk, einen Teil des Weges mitten durch die jahrzehntelang gewachsene Natur am Rande der Bahnstrecke zu führen – gegen das Votum der Anwohnerinnen  und Anwohner und des BUND. Obwohl deutlich naturschonendere Alternativen  zur Diskussion standen, wollte der Bezirk aber unbedingt an seinen Planungen festhalten und im Februar 2015 zur Vorbereitung des Baus mehr als 90 Bäume fällen lassen. Dabei waren zu diesem Zeitpunkt weder die Fortführung des Weges nach Süden noch nach Norden gesichert.

Der BUND Berlin e.V. hat sich daraufhin entschieden, gegen die Planungen des Bezirkes Klage beim Berliner Verwaltungsgericht einzureichen. Im Oktober 2015 hat das Gericht sein Urteil gesprochen und dabei über folgende Tatbestände entschieden:

  1. Der Bezirk darf nicht einfach los bauen , sondern muss vor einer Bauentscheidung ein naturschutzfachliches Eingriffsgutachten vorlegen und dabei anerkannte Naturschutzverbände (wie den BUND) beteiligen.
  2. Nicht vermeidbare Eingriffe in die Natur müssen „funktionsbezogen“ ausgeglichen oder ersetzt werden. Damit hat das Gericht eine eindeutige wie weitreichende Klarstellung vorgenommen. Der Bezirk hatte im konkreten Fall nämlich argumentiert, dass der geplante Multifunktionsweg eine „Verbesserung von Landschaftsbild und Erholung“ darstelle und damit im Prinzip kein weiterer Ausgleich für zerstörte Natur notwendig sei. Eine Praxis, die sowohl nach aktuell gültiger Gesetzeslage nicht zulässig, mindestens aber nach Beurteilung durch gesunden Menschenverstand sehr widersinnig ist.

Leider wurde in der Vergangenheit von vielen anderen Bezirksämtern, aber auch von der  Senatsverwaltung schon zu oft das Prinzip “Tempelhof-Schöneberg” angewendet: Bei der Frage wie man Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Berliner Natur gestaltete, waren dem Ideenreichtum keine Grenzen gesetzt… und wünschte man sich sonst an vielen anderen Stellen eine Berliner Verwaltung mit kreativer Inspiration, so war es hierbei leider oftmals fehlgeleitet – zu Lasten der Natur. Mit dem Gerichtsurteil gibt es jetzt aber ein klares Signal an die Berliner Verwaltung: Eingriffe in die Natur sind auch nur durch Maßnahmen des Naturschutzes, nicht aber durch den Bau von z.B. Wegen oder Parkinfrastruktur auszugleichen. Basta.

Mit dem Gerichtsurteil wurde nach aktuellen Erkenntnisstand (Dezember 2015) aber auch ein Schildbürgerstreich verhindert: Da es mittlerweile wieder stärkere Diskussionen um die Wiedereröffnung der alten Stammbahn Berlin-Potsdam gibt und der geplante Weg – außer im beklagten Abschnitt – temporär eben genau auf den alten Gleisen der Stammbahn angelegt werden sollte, hat die Berliner Senatsverwaltung aus “übergeordneten Interessen” dem Bezirk die Freigabe von Geldern aus dem Fördertopf für städtebauliche Planung verwehrt. Damit sind die Planungen und vor allem die Umsetzung des Multifunktionsweges durch den Bezirk zunächst einmal ausgebremst. Wenn diese Bahnstrecke nun eventuell schon in den nächsten Jahren wieder aufgebaut wird, wonach es derzeit stark aussieht, weil sich sowohl Deutsche Bahn als auch der Senat damit wieder ernsthaft auseinandersetzen, wäre das das Aus für den geplanten Multifunktionsweg des Bezirksamts. Das heißt in letzter Konsequenz aber auch: Ohne die Klage des BUND wären Anfang letzten Jahres 90 Bäume für den Bau eines Multifunktionsweges gefällt worden, ohne dass der Weg vielleicht wirklich je gebaut wird.

Als wäre das jetzt nicht alles schon kompliziert genug, wird diese – vornehmlich auf bezirklicher Ebene geführte – Diskussion nun noch durch einen weiteren Vorschlag für den Bau von Berlins erster Fahrrad-Schnellstraße überlagert. Der Vorschlag stammt vom aktuellen Justizsenator Thomas Heilmann und dessen CDU-Kreisverband in Steglitz-Zehlendorf. Demnach soll von Zehlendorf bis zum Gleisdreieck ein Expressweg für Fahrradfahrer gebaut werden und – Achtung, Achtung! – ebenfalls Areale der bislang noch stillgelegten Stammbahnstrecke Berlin-Potsdam nutzen. Wie diese Diskussion ausgehen wird, ist derzeit noch unklar. Der BUND Berlin e.V. hat sich dazu aber bereits klar positioniert und fordert die Wiedereröffnung der Stammbahn Berlin-Potsdam. Obwohl grundsätzlich ein Herz für Fahrradfahrer habend, sehen wir es in dem Fall als wichtiger an, der bereits am Limit agierenden Stadtbahnverbindung (Potsdam – Westkreuz – Zoologischer Garten – Hauptbahnhof) eine zusätzliche und entlastende Verkehrsanbindung über den Berliner Süden (von Potsdam nach Berlin Potsdamer Platz, Berlin Hauptbahnhof und dann weiter nach Gesundbrunnen) zur Seite zu stellen. Die stark gewachsene Umlandgemeinde Kleinmachnow bspw. würde überhaupt mal wieder einen Bahnhof und die vielen Berufspendler von dort mit der Bahn eine umweltfreundliche und direkte Verkehrsanbindung nach Berlin erhalten.
Wenn dann also perspektivisch die Stammbahnstrecke nicht für Fahrradzwecke zur Verfügung stehen würde, wünschen wir uns dennoch Verbesserungen für den Radverkehr im bestehenden Straßennetz des Berliner Südwestens: Am Knotenpunkt Steglitzer Kreisel muss fahrradfreundlich umgebaut und  Ampelschaltungen auf der Straße „Unter den Eichen“ müssen angepasst werden. Zusätzlich sollten deren Nebenfahrbahnen als Fahrradstraßen ausgewiesen, auf der Rheinstraße in Friedenau sollte eine kombinierte Bus- und Radspur eingerichtet werden. Aus unserer Sicht wären das begleitende Maßnahmen, um Fahrradverkehr “parallel” zur Stammbahnstrecke mehr Attraktivität zu verleihen.

Wie man am zuvor Beschriebenen sieht, sind die “Dinge” im Bereich Stadtplanung und -entwicklung mitunter nicht ganz einfach gelagert. Viele Sachen hängen miteinander zusammen, einfaches Schwarz/Weiß-Denken hilft nicht weiter, Differenzierung ist gefragt. Handelt der BUND hier richtig? Wie seht Ihr, wie sehen Sie das? Wir freuen uns auf Eure/Ihre Kommentare.

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