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Wird Berlin noch dichter, noch lauter?

Berlin wollte dichter, kompakter bauen können. Nun wurde entsprechend auf Bundesebene das Baurecht geändert und damit ein neuer Wohngebietstyp „Urbanes Gebiet“ eingeführt. Dieses Urbane Gebiet steht neben den bisher üblichen Kategorien Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet etc.  Anfangs haben wir uns als BUND durchaus dafür ausgesprochen, denn dieses „Urbane Gebiet“ kann nicht nur dichter bebaut werden als normale Misch- oder gar Wohngebiete, es soll vor allem ein Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe erlauben, wie sie in den gründerzeitlichen Quartieren großer Städte üblich war und oft auch noch ist. Wir finden das gut, weil die kompakte Stadt weniger Fläche verbraucht, weniger Verkehr erzeugt und somit mit der Ressource Boden schonender umgeht.

Gegen eine höhere Baudichte (ausgedrückt als Geschossflächenzahl „GFZ“, die angibt, wie viel Quadratmeter Geschossfläche pro Quadratmeter Grundstücksfläche errichtet werden darf) haben wir also nichts, aber es sollte auf jedem Grundstück ein Stück Boden übrig bleiben, auf dem Pflanzen wachsen können, Wasser versickern und vielleicht sogar ein paar Regenwürmer graben können. Dieser Wert (Grundflächenzahl, „GRZ“) sollte einschließlich aller Nebengebäude, Tiefgaragen etc. nicht über 0,75 gehen dürfen, d.h. 25% der Grundstücksfläche muss für die ökologische Qualität unversiegelter Boden sein. Dies ist zentral, um überall in der Stadt wenigstens ein Minimum an grüner Infrastruktur für stadtklimatische Entlastung, Erholung und Artenvielfalt zu belassen. Der jetzige Gesetzestext lässt praktisch eine vollständige Versiegelung zu, wie wir sie so bei einigen Neubauprojekten jetzt schon erleben.

Dazu kommt dann auch noch, dass dieses Urbane Gebiet eine Lärmbelästigung zulässt, die erheblich höher ist als die aller anderen Misch- und Wohngebietstypen und fast so hoch wie im Gewerbegebiet ist. Hier gehen die Verfechter davon aus, dass es in der Stadt eben nun mal laut ist, dass dies städtisches Leben sei. Wir wissen heute sehr genau um die Gesundheitsschäden durch Lärmbelastungen und insofern ist das keine Frage des persönlichen Geschmacks, sondern Auftrag für gesunde Lebensbedingungen, die nun einmal das Baugesetz grundsätzlich verlangt. Gewiss ist es schwierig, Gewerbelärm im Hof, Anlieferverkehr für den Einzelhandel oder Gaststättenlärm in Grenzen zu halten, aber wer behauptet das gehöre einfach zur Stadt, denkt wohl auch noch, dass zum wirtschaftlichen Wachstum auch der „rauchende Schornstein“ gehört.

Hier wird diese Regelung dann auch letztlich zum Flächenfresser: Die lärmgeplagten Berliner, die es sich leisten können, werden dann doch aus der Stadt rausziehen, um dann mit ihren Erst- und Zweitwagen täglich in die Stadt zu pendeln: Flächenverbrauch und weiter erhöhter Verkehr sind da programmiert.

Wir befürworten die weitere Entwicklung Berlins – wobei dabei aber die ganze Stadt und nicht nur das Gebiet im S-Bahnring gemeint ist. Wir folgen dabei der zentralen Idee, dass die Förderung der Innenentwicklung nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie nicht zu Lasten der Umwelt und der Natur einhergehen, sondern wenn Berlin auch grün, lebenswert und umweltfreundlich gestaltet wird. Wir werden der Ausweisung von „Urbanen Gebieten“ nur zustimmen, wenn insgesamt eine ausreichende Grünversorgung nachgewiesen ist und werden dort darauf hinweisen, dass genügend Boden für Versickerung und Grünfläche zur Verfügung steht. Die aus diesem Anspruch sich ggf. ergebenden Flächenkonkurrenzen sind vor allem durch Rückbau von Verkehrsflächen, die oft noch Relikte der Planung der autogerechten Stadt sind, zu verringern.

Ein weiterer wichtiger Punkt dieser Gesetzesnovelle ist auf Wunsch Bayerns die Einführung eines §13b, der entgegen seiner im Titel dargestellten Ziele die Bebauung im Außenbereich im beschleunigten Verfahren ermöglichen soll. Im beschleunigten Verfahren entfallen Umweltprüfungen und Bürgerbeteiligung bzw. sind erheblich reduziert.
Dies ist ein grundsätzlich falscher Ansatz, da er die städtische Entwicklung nicht mehr auf den Innenbereich konzentriert sondern weitere Zersiedelung und Flächeninanspruchnahme fördert und damit einem wesentlichen Umweltziel widerspricht. Was ist das für eine Bundesregierung, die viel über Stadtgrün redet und schreibt, die gerade die Nachhaltigkeitsstrategie und mit ihr das Ziel der Verringerung der Flächeninanspruchnahme aktualisiert hat und nun in der Praxis all diesen schönen Worten ins Gesicht schlägt und die weitere Zersiedelung noch erleichtert! B-Plänen, die nach diesem Verfahren in Berlin aufgestellt werden sollen, werden wir als BUND heftigst widersprechen.

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