Print

Posted in:

Verantwortungsvoll Bauen statt hemmungsloser Nachverdichtung

Initiativenbündnis startet Gegenkampagne zu Senatswerbung

“Eine zahlenfixierte Baupolitik verdrängt, dass Grünflächen und Bäume unabdingbar sind für die Klimaresilienz”, sagt Britta Krehl. “Die Bezirke verstehen die Notwendigkeiten und machen Schritte auf die Bürgerschaft zu. Aber die Lage verschärft sich. Wir beobachten öfter, dass der Senat in die Verständigungsprozesse eingreift”, so Krehl weiter.

Sie weiß sehr genau, wovon sie spricht. Immerhin gehört sie der Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow an, die seit Jahren – auch mit Unterstützung des BUND Berlin – gegen überdimensionierte und unsensible Nachverdichtungspläne der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau im durchgrünten Häuserensemble nahe des Pankower Schlossparks kämpft.

“Seit zwei Monaten stehen die Bauzäune. Aufgestellt wurden die am 4. Oktober. Mit Unterstützung von Polizei und 14 Wachmännern mit zwei Kampfhunden”, beschreibt sie die Lage, seitdem die Gesobau mit den Baumfällungen beginnen wollte. Zunächst stoppte ein Eilantrag des BUND Berlin die Fällungen, zwischenzeitlich hat sich das Bezirksamt Pankow eingeschaltet und die Fällgenehmigungen ausgesetzt. Denn bei den Artenschutzmaßnahmen ist grob geschludert worden. Dem Vernehmen ist zumindest bis Januar der Einsatz von Kettensägen gebannt. Wie es dann weitergeht, ist noch offen. “Die Personalkosten des Wachschutzes liegen bei über 150.000 Euro im Monat”, berichtet Krehl.

Der Fall ist ein Musterbeispiel, wie die Senatsbauverwaltung mit demokratischen Prozessen umgeht. Denn der Protest gegen die bereits seit Längerem existierenden Baupläne der Gesobau hatte bereits dazu geführt, dass der Bezirk Pankow sich entschlossen hatte, ein Bebauungsplanverfahren zu starten, um angesichts der Klimakrise einen vertretbaren Kompromiss zu erzielen. Denn die Anwohnerschaft hatte durchaus Bereitschaft erklärt, eine maßvolle Nachverdichtung zu akzeptieren.

Aber im Januar 2023 holte die Senatsverwaltung die alten Entwürfe wieder aus der Schublade. “Sie wurden umetikettiert als Unterkunft für Geflüchtete und nach Sonderbaurecht genehmigt”, berichtet Britta Krehl. Denn für die Genehmigung ist die Senatsverwaltung direkt verantwortlich. “Damit wurden dieser viereinhalbjährige demokratische Prozess und der Klima-B-Plan, der eben leider noch nicht festgesetzt und damit noch nicht rechtskräftig ist, vom Tisch gewischt”, sagt die Aktivistin.

Der Fall aus Pankow ist eines von zahllosen Beispielen, wo sich heftiger Widerstand gegen Nachverdichtungspläne regt. Stadtweit 39 Initiativen haben sich zum Berliner Bündnis nachhaltige Stadtentwicklung (BBNS) zusammengeschlossen. 30 davon aus dem Ostteil der Stadt und neun aus dem Westteil. Das hängt damit zusammen, dass nach der Wende ganz Ost-Berlin zum “unbeplanten Innenbereich” erklärt worden ist. Somit sind Genehmigung nach dem Lückenschluss-Paragrafen 34 des Baugesetzbuches möglich. Nur zwei der Initiativen wenden sich gegen private Projekte, beim Rest handelt es sich um Pläne landeseigener Wohnungsbaugesellschaften.

Besonders erzürnt ist man beim Bündnis über die unlängst vom Senat gestartete Kampagne für mehr Wohnungsbau. “Eine Kampagne mit KI-erzeugten Gesichtern empfinden wir als Hohn. Wer eine solche Kampagne aufzieht und die andere Seite der Medaille außer Acht lässt, betreibt keine weitsichtige Politik und kann das Vertrauen der Bürger nicht genießen”, sagt Britta Krehl. “Wir wehren uns nicht gegen den Wohnungsbau an sich, sondern gegen die rücksichtslose Art des Wohnungsbaus”, unterstreicht sie. Das Bündnis reagiert mit einer Gegenkampagne, bei der die Senatsplakate als Vorlage dienen.

“Wir beobachten eine vorgeschobene Partizipation, die nicht echt ist. Wir beobachten eine zunehmende Bereitschaft zu Lügen, Diffamierungen, Unsachlichkeiten, Verdrehungen, Augenwischerei. Wir kommunizieren unsere Bedürfnisse. Wir wollen ernst genommen werden. Lügen und Diffamierungen sind nicht zielführend. Wir sind Wohnungsuchende. Wir erleben jeden Tag, wie unsere Kinder und Eltern Wohnungen suchen. Insofern empfinden wir die Kampagne des Senats als Hohn. Wir verstehen gut, dass es nicht genug bezahlbaren Wohnraum gibt”, sagt Britta Krehl.

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert