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Wie lange sollen wir uns noch „zudieseln“ lassen

Wie in vielen deutschen Städten leiden auch wir in Berlin unter schlechter Luft. Hauptverursacher ist der Autoverkehr. „Wieso“ werden sich einige fragen, Berlin hat doch als eine der ersten Städte eine Umweltzone eingerichtet, hat keine Kessellage wie Stuttgart oder einen Großhafen mitten in der Stadt wie Hamburg. Aber trotzdem wurde auch in diesem Jahr der Grenzwert für Stickstoffdioxid nicht eingehalten.

Umweltzone reduziert Feinstaub – bei Stickstoffdioxid reicht es nicht

Beim Feinstaub ist die Umweltzone erfolgreich. Fahrzeuge wurden nachgerüstet und die schlimmsten Feinstaubschleudern, die überhaupt noch fahren, dürfen nicht in die Innenstadt. Aber was bei Feinstaub wirkt, hilft bei Stickstoffdioxid noch lange nicht. Und alle wissen es, der Hauptverursacher in Städten ist nach wie vor der motorisierte Verkehr und bei diesem vor allem die Dieselfahrzeuge und Benziner mit „Turbomotoren“. Und alle wissen seit dem aufgedeckten Betrug von VW auch, dass in Deutschland die Autobranche unter Artenschutz steht. Egal was sie macht, auch die Gesundheit von Menschen wissentlich gefährden, die derzeitige Bundesregierung hält schützend die Hand über sie.

Bessere Luft nach einer Legislaturperiode?

Haben wir vielleicht Glück, weil wir in Berlin leben, nicht in Stuttgart oder München oder in Hamburg? Können wir mit unserer neuen Landeregierung mehr für unsere Gesundheit erwarten? Oder müssen wir auf eine Enttäuschung vorbereitet sein? Wer schnell auf bessere Luftqualität hofft, wird wohl eher enttäuscht.

Denn es wird lange dauern, bis die Berliner Busflotte erneuert und umgerüstet ist und auf stark genutzten Strecken wie Potsdamer oder Leipziger Straße endlich Straßenbahnen fahren, die Passanten und AnwohnerInnen weder Feinstaub noch Stickstoffdioxide ins Gesicht blasen. Auch eine konsequente Parkraumbewirtschaftung, die den Umstieg auf umweltfreundliche Fortbewegungsmittel fördert, wird nicht in ein paar Monaten umgesetzt. Mal abgesehen davon, dass Bürgerproteste mit Bürgerbegehren und Bürgerbescheiden wahrscheinlich auch nicht lange auf sich warten lassen. Von einem Tag auf den anderen wird auch  Berlin nicht zur Rad- und Fußgängerstadt. Und ganz wichtig, das ÖPNV-Angebot muss erweitert und verbessert werden, dazu müssen neue Wagen und mehr Personal her. Um das alles umzusetzen, wird eine Legislaturperiode kaum ausreichen.

Was aber schneller, fast sofort gehen könnte, wäre Tempo 30 und LKW-Durchfahrtsverbot an hoch belasteten Straßen einzuführen. Diese müssten dann natürlich auch überwacht werden.

Nun könnten wir uns, beruhigt zurücklegen und abwarten. Dem ist aber nicht so, denn auch wenn Berlin das alles anschiebt und umsetzt, wird es nicht reichen, um uns vor gesundheitlichen Schäden durch den Autoverkehr zu schützen. Dazu muss auf der Bundesebene unbedingt etwas passieren. Es muss die nächste EURO-Abgasnorm 6 eingeführt werden. Und die Abgaswerte müssten dann auch im realen Betrieb von den Fahrzeugen eingehalten werden. Aber das scheint mit dem Verkehrsminister Dobrindt nicht anzustehen. Der Verkehrsminister schützt lieber die Autoindustrie als die Gesundheit der Bevölkerung.

Dieses Versagen könnte aber auch die Chance für Städte wie Berlin sein, die Wende in der Verkehrspolitik hinzubekommen:  Den Autoverkehr wirklich zu reduzieren – angefangen bei Dieselfahrzeugen, aber dann auch Benziner auszuschließen.
Parallel dazu muss der notwendige Versorgungsverkehr konsequent auf abgasfreie Fahrzeuge umgestellt werden. E-Mobilitätsförderung und Infrastruktur müssen sich vor allem auf diesem Sektor konzentrieren. Und wir brauchen gleichzeitig den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs.
Wenn Berlin das hinbekommt, können wir „vielen Dank, Herr Dobrindt“ sagen. Denn hätten wir nicht nur bessere Luft, Berlin wäre die Großstadt mit der höchsten Lebensqualität. Es wäre leiser, es gäbe mehr Platz für Menschen, Bäume, Grünflächen und für Wohnhäuser. Und nebenbei käme das auch dem Klimaschutz zugute.

PS aktuell werden an allen EU-Messstellen in Berlin die Grenzwerte von Stickstoffdioxid gerissen. Die EU droht mit einem Vertragsverletzungsverfahren, das könnte teuer werden.

 

 

links:

Presseinfo zu Luftbelastung in Berlin v. 29.12.16

BUND-Infos zu Abgasskandal

 

 

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