Print

Posted in:

Ein Fünftel weniger Emissionen mit ein paar Kästchen und Software

Friedrichshain-Kreuzberg kann CO2-Fußabdruck von Schulen deutlich reduzieren

© by BUND Berlin/Nicolas Šustr

Es sind nur ein paar Kästchen, die im Heizungskeller an die bestehende Installation geschraubt werden. Mit deren Hilfe im Zusammenspiel mit einer umfangreichen Analyse- und Steuerungssoftware ist es dem Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg 2023 gelungen, 18 Prozent Heizenergie und damit 450 Tonnen CO2-Emissionen einzusparen. Dementsprechend fröhlich präsentiert sich am Donnerstagvormittag die Bezirksmannschaft bei der Pressekonferenz in der Pablo-Neruda-Zentralbibliothek in Friedrichshain.

“Als erster Bezirk setzt Friedrichshain-Kreuzberg auf diese nachhaltige, innovative Technologie, um Energie und Kosten einzusparen”, sagt Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne). Sie ermögliche es, die Emissionen schnell signifikant zu senken und einen effektiven Beitrag zum Schutz des Klimas zu leisten. “Mit der eingesparten Energie könnte ein Mittelklasse-Auto 55 mal um die Erde fahren.” Und noch einen Vergleich hat sie parat: 450 Drei-Zimmer-Wohnungen ließen sich damit ein Jahr lang beheizen. Dabei wurden im ersten Schritt bloß neun Schulen im Ortsteil Kreuzberg mit dem Ovotherm-System des Berliner Herstellers Valovo ausgerüstet. Nur ein Bruchteil der 50 allgemeinbildenden Schulen, für die der Bezirk zuständig ist.

Für die neun Schulen wurde Investitionen von 283.500 Euro fällig, die eingesparten Energiekosten werden sich bis zum Ende der aktuellen Heizperiode auf rund 298.000 Euro summiert haben, erläutert Stadtrat Andy Hehmke (SPD), der für Schulen und Facility Management im Bezirk zuständig. “Damit haben sich unsere Investitionskosten von knapp 300.000 Euro nach weniger als einem Jahr Einsatz dieser Technik amortisiert”, sagt er erfreut. Wegen der inzwischen wieder gesunkenen Gaspreise wird nun von einer dauerhaften jährlichen Einsparung von rund 220.000 Euro ausgegangen. Dass sich die Schulen alle nur in einem Bezirksteil befinden, liegt daran, dass es zunächst vordringlich um die Reduktion des Gasverbrauchs ging. In Friedrichshain, im einstigen Ostteil Berlins, sind die meisten Bildungseinrichtungen an das Fernwärmenetz angeschlossen.

“Es ging nicht darum, es kalt zu machen oder nicht mehr so gut zu beheizen, sondern es ging darum, auf die selbe Raumtemperatur zu kommen mit dem Einsatz von weniger Energie, sprich von weniger Gas und dieses zugleich zu monitoren”, erläutert Stadtrat Hehmke. “Jetzt ist die Herausforderung für uns zu schauen, wie kommen wir weiter mit den bereits ausgestatteten Liegenschaften, da geht es dann um die Lizenzgebühren und wie können wir einen Rollout schaffen und das ausdrücklich auch über die Liegenschaften hinaus, die mit Gas beheizt werden.”

Mit 14.500 Euro aus dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm konnten zum Jahresende 2023 immerhin noch die Volkshochschule am Wassertorplatz sowie zwei Bibliotheksstandorte mit dem System ausgerüstet werden. Der Bezirk hat jedoch das Problem, dass die eigenen Mittel nicht ausreichen, um alle eigenen Gebäude auszurüsten. Auch weil er die Einsparungen nicht behalten darf, sondern der Landeshaushalt profitiert.

“Wir haben vor, dass wir auch über das Einwerben von Klimafördergeldern in diesem Jahr und im nächsten Jahr dann auch schnell nochmal ein größeres Rollout bekommen und das System in weiteren Gebäude einsetzen, um noch mehr Energie und CO2 einzusparen”, sagt Andy Hehmke. Das sei gut für den Haushalt und leiste auch einen entscheidenden Beitrag, um die Klimaschutzziele im Bezirk zu erreichen.Wir müssen schnell sein”, unterstreicht der Stadtrat.

Die Technologie eigne sich für alle Gebäude, die mit klassischen Heizkörpern ausgerüstet sind, Dennis Herrmann, einer der beiden Gründer von Valovo. Also genauso für mit Fernwäme beheizte Gebäude. “Das Produkt ist neben der Energieeinsparung auch dafür da, die Rücklauftemperaturen, sprich das ausgekühlte Wasser, was durch die Heizkörper geflossen ist, zu verringern gegenüber herkömmlichen Regelungen”, erläutert er. Mit einer besseren Ausnutzung der Wärme lasse sich auch die Effizienz der Fernwärme verbessern.

Generell sei die Erfahrung mit öffentlichen Gebäuden, dass “Wärmeangebot zu hoch eingestellt” sei. In einem adapativen forlaufenden Prozess lerne das System den Wärmebedarf und die Nutzungszeiten immer besser kennen, auch die Wetterprognose wird einbezogen. Vor Ort würden nur im Heizungskeller die Sensoren installiert, über die bestehenden Schnittstellen wird die Anlage geregelt. Sämtliche nötigen Rechenleistungen finden auf den Servern des Unternehmens statt. In den beheizten Räumen muss nichts zusätzlich installiert werden, auch muss der Heizwasserkreislauf nicht angetastet werden. Dadurch sei die Installation schnell und im laufenden Betrieb möglich. Zwei Monate habe man gebraucht, um die neun Schulen auszurüsten.

Inzwischen setzt mit Spandau ein zweiter Berliner Bezirk das System ein, unter anderem in der Zitadelle. Mit weiteren Bezirken gebe es Gespräche. Noch vor Friedrichshain-Kreuzberg setzte Potsdam auf die von Valovo entwickelte Lösung, berichtet Dennis Herrmann. “Da haben wir auch inzwischen 15 Schulen ausgerüstet, und weitere sind in Planung.” Derzeit liefen Gespräche mit weiteren Berliner Bezirken. “Da ist jetzt einiges im Fluss, weil die letztendlich, glaube ich, auch die positiven Effekte hier mitbekommen haben.”

“Natürlich müssen wir die Gebäude auch energetisch sanieren”, sagt Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann. Das sei jedoch eine Aufgabe für Jahrzehnte, für die längst auch noch keine Finanzierung stehe. Wichtig sei es jetzt, schnell zu Einsparungen zu kommen, um die Ziele zu erreichen. “Und da kommt uns so ein innovatives System gerade recht.”

 

Ein Kommentar

Kommentar schreiben
  1. Die Investitionen für die Einsparungen muss der Bezirk erbringen, die Einsparungen bekommt das Land zurück?

    Das kann man ja lange warten, bis es da nennenswerte Fortschritte gibt!
    Hier muss die Landesebene – Jako, Liebe Sparer €DU – zuschießen – und am besten für Bezirke auch noch an den Einsparungen beteiligen, um einen Anreiz zu schaffen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert