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Straßenbäume wässern

Woher kommt das Wasser?

© by BUND Berlin

In diesem Jahr sahen sich Politik und Umweltverbände genötigt, bereits Anfang Mai zum Wässern der Straßenbäume aufzurufen. Schon jetzt leidet das Grün Berlins unter Wassermangel. Es ist das dritte trockene Frühjahr in Folge, die Grundwasser­stände sind auf einem historischen Tiefstand – die Regenfälle der letzten Tage haben kaum eine Entlastung gebracht. Wir sind wohl endgültig in der Klimakrise angekommen. Aber woher kommt eigentlich das Wasser, das wir zum Wässern der Bäume verwenden sollen?

Wer zum Wässern keinen eigenen Brunnen auf seinem Grundstück oder einen Straßenbrunnen in seiner Nähe hat, benutzt dafür natürlich den Wasserhahn – und woher kommt das Wasser aus dem Wasserhahn?  Das liefern die Berliner Wasser­betriebe (BWB). Sie fördern es zu etwa einem Drittel aus dem Grundwasser und zu 2 Dritteln aus dem Uferfitrat von Spree und Havel. Nun liegen die Berliner Wasser­werke fast alle in den Wäldern und Naturgebieten der Stadt. Das Resultat dieser Wasserentnahme sind dort seit Jahrzehnten sinkende Grundwasserstände, die die Natur immer mehr schädigen.

Die Berliner Wasserbetriebe suggerieren uns mit Ihrer Werbung seit Jahr und Tag, dass mit dem Berliner Wasser alles klar wäre und präsentieren sich als ein ökolo­gisches Muster-Unternehmen. Leider stimmt das so nicht, denn das Geschäfts­modell der BWB beruht immer mehr auf Raubbau an den natürlichen Grundwasser-Ressourcen. Wir fördern und verbrauchen seit Jahrzehnten mehr Wasser, als der Landschaftswasserhaushalt hergibt. Hinzu kommt, dass Berlin schon immer in einem Trockengebiet liegt, geringe Jahres­niederschlagsmengen und geringe Zuflüsse von Havel und Spree sind nicht die besten Voraussetzungen, um eine Stadt mit 3,5 Mio. Einwohnern mit Wasser zu versorgen. Eine Großstadt am Rhein hat es da einfacher und die klimatischen Bedingungen werden nicht besser!

Der Autor dieser Zeilen möchte gewiss nicht, dass die Straßenbäume vertrocknen. Der BUND Berlin macht dazu beispielsweise auch Vorschläge, wie es gehen kann, Straßenbäume ohne oder mit möglichst wenig Trinkwasserverbrauch zu wässern. Es sollte uns aber allen klar sein, dass solange wir in steigendem Maße Trinkwasser verbrauchen, wiederum Waldbäume in den Trinkwasserfördergebieten an Wasser­mangel leiden sowie Moore und Kleingewässer austrocknen. Das belegt eindrücklich der von der Senats­ver­waltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz im Jahr 2019 vorgelegte Entwurf eines Managementplans für die Berliner Moore, die allesamt als Flora-Fauna Habitat-Gebiete (FFH) ausgewiesen sind. Darin werden akribisch die seit Jahren ständig fallenden Wasserstände durch die Trink­wasser­­­förderung dargestellt. Die Moore sind dadurch alle in ihrem Bestand bedroht. Niemand kann sagen, wie die FFH- Erhaltungsziele unter diesen Umständen noch erreicht werden können – ein klarer Verstoß gegen die FFH-Richtlinie. Dennoch schauen die zuständigen Behörden weg! Es sind aber inzwischen nicht nur die Moore, sondern auch die Berliner Wälder durch die zunehmende Trockenheit in ihrem Bestand bedroht. Diese sind jedoch in Berlin die „Geschäftsgrundlage“ für weiterhin sauberes Trinkwasser.

Wasserverbräuche im Jahresverlauf

Wie gerade die heißen Sommer den Wasserverbrauch in die Höhe schnellen lassen, kann man an der Grafik Tagesspitzen der Rohwasserförderung der Berliner Wasserwerke für die Jahre 2000, 2003 und 2005 aus dem „Wasserversorgungskonzept 2040“ gut sehen:

Hier sind die Tagesverbräuche in Kubikmetern der Jahre 2000, 2003 und 2004 aufgetragen. Daraus ist zu erkennen, dass der Wasserverbrauch zwischen Anfang September (Tag 253) bis etwa Mitte April (Tag 113) um die 550.000 m³/Tag beträgt. Im Sommerhalbjahr steigen die Spitzenverbrauchswerte bis auf 900.000 m³/Tag und  einmal sogar auf über 1 Mio. m³/Tag an. Das ist in den Sommer­monaten zeitweilig fast eine Verdoppelung des Verbrauchs. Diese immense Steigerung des Wasserverbrauchs erfolgt ausgerechnet in Zeiten des geringsten Niederschlags und des höchsten Wasserbedarfs der Vegetation in den Berliner Wäldern, in denen sich gleichzeitig die meisten Wasserwerke befinden. Dort sinken die Grundwasserstände immer mehr ab.

Warum steigt nun der Verbrauch im Sommer so stark an? Wird im Sommer mehr gewaschen, zur Toilette gegangen oder sonst im Haushalt mehr Wasser verbraucht? Vielleicht wird mehr geduscht? Dazu einige Zitate örtlicher Wasserwerksleiter von 2019 aus der WAZ online für die Region Wolfsburg zum Thema steigender Wasserverbrauch im Trockensommer 2019:

Die Gartenberegnung spielt die entscheidende Rolle bei den hohen Verbräuchen im Sommer“, sagt Andreas Schmidt, Geschäftsführer des Wasserverbandes Gifhorn.

Sven-Erik Timm vom Wasserwerk Gifhorn: „Wir stellen auch fest, dass die Abnahme in der Nacht mehr und mehr ansteigt. Dies führen wir auf moderne Bewässerungssysteme zurück, welche zeitgesteuert in der Nacht betrieben werden.

Eine weitere Belastung für das Trinkwassernetz ist laut Wittemann zunehmend der Badespaß im heimischen Garten. „Zum Mehraufwand im Sommer kommen auch Poolbefüllungen, die binnen kurzer Zeit größere Mengen aus dem Netz abziehen.

Mehr Körperpflege macht laut Schmidt kaum etwas aus. „Würde jeder Kunde wegen der Hitze einmal mehr am Tag duschen und dabei 60 Liter verbrauchen, erhöhte sich die Abgabemenge beim Verband nur um etwa 8000 Kubikmeter.“ Eine noch geringere Rolle spielt das Trinken: „Zwei Liter mehr am Tag würde die Abgabe lediglich um zirka 260 Kubikmeter vergrößern.

So ist denn zu vermuten, dass auch in Berlin der sommerliche Mehrverbrauch vor allem durch das Sprengwasser für Rasen und Gärten und Wasser für die Füllung des Swimmingpools in der Luxus- oder Aufblasvariante verursacht wird. Um es klar zu sagen: damit der Rasen auch im Sommer schön grün bleibt, verdorren in den Wäldern die Bäume und die Moore trocknen aus! Dazu kommt natürlich auch die im Vergleich zum Sprengwasser für Rasen und Gärten eher minimale Menge für das Wässern der Straßenbäume, die aber zukünftig mehr und mehr zunehmen wird.

Wege aus dem Dilemma

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es? Eigentlich waren wir in der Diskussion schon mal viel weiter. Noch um das Jahr 2000 herum war das Thema Wassersparen in Berlin viel präsenter als heute. Dann verwirrten die Berliner Wasserbetriebe die Bürger mit angeblich immer mehr verstopften Abwasserkanälen und Keimbildung in nicht mehr ausreichend durchflossenen Rohrleitungen. Vermutlich hatten die BWB-Oberen dabei nur Angst vor Umsatzeinbußen. Im Internet und in der Presse vor dem Jahr 2017 finden sich dazu tausende von Artikeln, die sich über Aufrufe zum Wassersparen lustig machten. Die meisten davon hatten nur die manchmal tatsächlich vorhandenen Probleme des Leitungsnetzes im Blickfeld und nicht die Auswirkungen auf die Fördergebiete und den Landschafts­wasserhaushalt – der generelle Tenor war: Deutschland hat Wasser im Überfluss – wir können es verschwenden.

Inzwischen kann man auch hier wieder ein Umdenken feststellen. Das Nieder­schlags­defizit der letzten Jahre und die dadurch verursachte reduzierte Grund­wasser­neu­bildungs­rate wird uns das Wasser­sparen wieder näher bringen. So geht z.B. Manfred Stock vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung von einer bis 2040-2050 um 40 % verringer­ten Grund­wasser­neubildungsrate in Brandenburg aus. Dazu kommt noch die zunehmende Versiege­lung im Speckgürtel, die höhere Verdunstung aus den Oberflächengewässern usw. Und was nicht versickert, kann auch nicht mehr gefördert werden.

Um effektiv Wasser zu sparen, müsste z.B. dringend der Wasserverbrauch im Sanitär­bereich minimiert werden. Hier muss endlich die Nutzung von Grau- und auch Regenwasser wenigstens in Neubauten vorgeschrieben werden. Eigentlich ist es unbegreiflich, dass wir nach wie vor frisches, sauberes Trinkwasser zum Spülen der Toilette verwenden, das ist doch ein Sakrileg!  Dazu wird es in Trockensommern ein Rasenspreng- und Schwimmbad-Füll-Verbot geben müssen. Für die Garten­bewässerung kann Regenwasser in Zisternen gesammelt werden. Das hätte auch noch den Vorteil, dass dabei keine Gebühren anfallen.

Wenn wir gedankenlos so weiter machen, werden wir nach ein paar weiteren Hitze- Sommern die Grundwasservorräte so abgesenkt haben, dass wir Wasser per Fernwasserleitung aus anderen Regionen beziehen müssten. Aber wo könnte man Wasser sonst noch herbekommen – aus dem Harz oder den Alpen? Von den immer weniger Wasser führenden Flüssen Spree, Havel, Elbe und Oder?? Überall sind die Claims schon abge­steckt. Im Übrigen zeigt ein Blick ins Internet, dass andere Regionen die gleichen Prob­leme haben. Dort rufen sogar die Wasserwerke selbst schon zum Wassersparen auf.

Um nun auf die Straßenbäume zurückzukommen:  Wenn wir sie retten wollen und unsere Wälder dazu, brauchen wir höhere Grundwasserstände überall im Stadt­gebiet. Dazu  müssen wir möglichst viel Regenwasser zur Versickerung bringen und unseren immensen Wasserverbrauch einschränken. Hier sind die Verbraucher gefordert: Wir müssen das Gießwasser für die Straßenbäume bei unserem täglichen Verbrauch einsparen!

Was tut die Berliner Politik?

Die Politik tickt noch immer völlig in die falsche Richtung. Einerseits wurde inzwischen lobenswerterweise eine Regenwasseragentur gegründet, die das Versickern von Regenwasser zur Grundwasseranreicherung im Stadtgebiet voranbringen soll (Schwammstadt). Andererseits wird immer noch über ein Grund­wasser-Management diskutiert, bei dem zum Schutz von stadtweit einigen tausend Gebäuden mit undichten Kellern großflächig Grundwasser abgepumpt werden soll (siehe dazu die kleine Anfrage eines CDU-Abgeordneten).

Mehrere Jahre lang hat sich der Umweltausschuss mit großem Aufwand mit dem Thema “nasse Keller” beschäftigt – das Ergebnis einer geschickten Lobbykampagne von Haus- und Grundbesitzern und IHK. Bemerkenswert zu lesen – das abgepumpte Wasser wird in den Regenwasserkanal geleitet. Gleichzeitig sollen die Anwohner mit Trinkwasser aus den Wäldern die Stadt-Bäume gießen! Dass der verschwenderische Umgang mit unserem Trinkwasser auch einen nicht zu unterschätzenden finanziellen Hintergrund hat, zeigt der erst kürzlich geschlossene Unternehmensvertrag zwischen dem Senat von Berlin und den BWB (Siehe dazu auch den Tages­spiegel vom 10.1.2020).

Unter anderem sind in der Vereinbarung folgende Punkte für das Thema Wasse­r­sparen von Bedeutung:

  • Die Wasserbetriebe sind auf möglichst hohe Einnahmen aus dem Wasser­verkauf zur Deckung ihrer Fixkosten angewiesen – verursacht durch Wasserwerke, Leitungsnetz und Energie. Ein deutlich sinkender Verbrauch würde höhere Preise pro m³ Wasser zur Deckung der Fixkosten notwendig machen. Aus politischen Gründen soll aber der Wasserpreis möglichst nicht steigen.
  • Zugleich sollen die BWB auch weiterhin „die Ausschüttungserwartung des Landes“ erfüllen, also Millionengewinne erwirtschaften. Parallel müssen sie weiter die 1,21 Milliarden Euro für den 2013 erfolgten Rückkauf der Anteile von RWE und Veolia refinanzieren.
  • Zudem übernehmen sie Betrieb und Unterhaltung der Zierbrunnen in Straßenland und Parks sowie von öffentlichen Trinkbrunnen.

Nachdem ich diesen Vertrag gelesen hatte, wurde mir klar: An diesem Felsen zerschellt alle Hoffnung, dass die Politik, auch noch in Zeiten der Milliarden-Corona-Schulden, Initiativen zum Wassersparen ergreifen wird. So geht halt der Krug so lange zum Brunnen, bis dort kein Wasser mehr zu finden ist!

Zukunftsfähigkeit geht anders.

 

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Ein Kommentar

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  1. Viele gute Hinweise in diesem Artikel (Grauwasser, Pools, Zisternen), aber leider auch sehr einseitig berichtet. Ein paar Punkte:
    – Abwasserleitungen wurden (und werden) regelmäßig nachts mit Trinkwasser gespült, um Verstopfungen zu vermeiden. Ich kenne die Verbrauchswerte dieser Maßnahmen nicht, aber sie sind sicherlich nicht unerheblich. Schuld ist unser “zu gutes” Abwassersystem in Berlin, das anno dunnemal für bis zu 20 Millionen Einwohner ausgelegt wurde.
    – Das Jahr 2017 war (insbesondere im Sommer) dermaßen nass, dass Bäume am Mauerweg umfielen, weil sie in der Pampe keinen Halt mehr fanden. Mein großer Luftentfeuchter, den ich in Keller und Untergeschoss einsetzen musste, stammt aus diesem Jahr. Er ist seit 2018 arbeitslos. Problem in unserer Region ist u.a. der Sandboden, der ein sehr schlechter Wasserspeicher ist. Sobald mal ein, zwei Jahre zu wenig Regen fällt, vertrocknet alles, was nicht künstlich bewässert wird.
    – Trockenperioden gab es immer wieder. In den frühen 1990er Jahren sprachen Metereologen bereits von beginnender Versteppung zwischen Oder und Elbe. Ende der 1990er wurde es dann wieder feuchter.
    Zum Thema Gartenberegnung möchte ich generell noch darauf hinweisen, dass es dabei beileibe nicht nur um den saftig grünen Rasen geht, der auch nach Monaten von Trockenheit so aussehen soll. Der Großteil der Gärten hier in Lichterfelde ist eher naturbelassen, aber auch “natürliche” Bepflanzung braucht Wasser. Meine kniehohe Wiese sammelt Tauwasser, aber das reicht nach wochenlanger Trockenheit nicht, also muss gewässert werden. Dadurch blühen den ganzen Sommer durch die Wiesenblumen, es gibt Bienen, Hummeln und Schwebfliegen en masse und in der Folge auch jede Menge Vögel.

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