Drei Grundwasserpat*innen berichten stellvertretend für die über 40 Ehrenamtlichen etwas zu den Beweggründen ihres Interesses für das Grundwasser. Dazu trafen wir uns an den jeweiligen Orten, wo sie das Grundwasser herausholten, um es zu erforschen. Ihr Augenmerk gilt ganz besonderen Lebewesen, den Grundwassertierchen. Diese standen bisher kaum im Fokus eines wissenschaftlichen, gar allgemeinen Interesses.
Doch seit Anfang 2022 sind sie bei dem BUND-Projekt „Lebendiges Grundwasser“ dabei. Sie gehören zu den Berliner*innen, die sich ehrenamtlich engagieren, um mehr über dieses kaum sichtbare und lange Zeit vernachlässigte Ökosystem in unserer Stadt zu erfahren.
Hanja an der Pumpe Nummer 23 am Ostrand des Klausenerplatzes, eine Lauchhammerpumpe Typ I von 1895; wahrscheinlich noch am ersten Standort der Aufstellung im Jahr 1897
„Ich habe nun Ende August zum 3. Mal das Grundwasser aus dieser Pumpe herausgeholt. Gestartet bin ich zu Beginn unserer Aktion im März vergangenen Jahres. Immer wieder habe ich im Internet beim BUND oder NABU nachgeschaut, ob es etwas gibt, das mich für ein ehrenamtliche Engagement für Umwelt und Natur interessiert. Ich wollte etwas Praktisches tun. Und so traf ich auf den Aufruf des BUND, Grundwasserpat*in zu werden. Mit Wasser hatte ich auch schon früher zu tun, zum Beispiel bei den Wasserwerken von Antwerpen. Da optimierte ich in Pilotanlagen die Aufbereitung des Oberflächenwassers zu Trinkwasser, und untersuchte dabei neben chemischen Parametern die Fauna und Flora mikroskopisch. Ich wusste bisher nicht, dass es im Grundwasser die kleinen, oftmals mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Tierchen gibt. Ich freue mich, dass ihnen inzwischen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sie helfen dazu, dass unser Grundwasser gereinigt wird. Und ich freue mich, dass ich auf andere gestoßen bin, die es ebenso wichtig finden, diese Zusammenhänge zu analysieren. Außerdem gibt es regelmäßig Veranstaltungen wie den „Grundwassersalon“, bei denen Experten ihr Wissen an uns weitergeben. Ich wünsche mir, dass die Untersuchungen fortgesetzt werden und dafür entsprechende finanzielle Mittel bereitstehen. Denn die Aufgabe ist riesig. Wir brauchen noch sehr viel Zeit um umfassendere Zusammenhänge zu verstehen. Deswegen wäre es wichtig das Vorsorgeprinzip z.B. bei Baumaßnahmen gelten zu lassen: Solange man nicht weiß, ob etwas schadet, sollte es unterlassen werden.“
Stephan an der Grundwassermessstelle Nummer 62 im Stadtpark Steglitz
„An der Grundwassermessstelle muss das Grundwasser geangelt und nicht gepumpt werden. Für mich ist sie wichtig. Das hängt mit meinem Engagement für die Bäke zusammen, einem Bach, der früher von Steglitz bis zum Griebnitzsee floss und seit dem Bau des Teltowkanals vor über 100 Jahren weitgehend in diesem aufgegangen ist. Ein kleines Stück der Bäke fließt heute noch durch den Bäkepark an der Grundwassermessstelle vorbei. Zunächst sieht der Bäkepark nach einer Oase der Erholung aus. Aber die Bäke ist kanalisiert und nicht sauber. Ich engagiere mich dafür, dass die Schmutzwassereinleitungen gestoppt werden und die Bäke wieder renaturiert wird. Und so interessiert mich auch das Grundwasser gleich neben der Bäke. Tatsächlich sinkt der Grundwasserspiegel seit fünf Jahren. Auch die Grundwassertemperatur ist zu warm. Das Hauptaugenmerk bei unserer Grundwasseranalyse liegt auf den Kleinstlebewesen. Beruflich hatte ich immer wieder mit Wasser zu tun, zum Beispiel bei der Reinigung verschmutzten Regenwassers in mit Schilf bepflanzten Filterbecken. Durch solch einen sogenannten Retentionsbodenfilter konnte zum Beispiel der Halensee wieder ein Badesee werden. Aber Tierchen im Grundwasser? Davon wusste ich bis zu der Aktion des BUND nichts. Für mich ist es erstaunlich, dass es in einer Tiefe von 10 bis 20 Meter tierisches Leben gibt, vor allem unter diesen Bedingungen: dunkel, kühl und nahrungsarm. Wir wissen noch wenig von diesem Ökosystem und über die Bedeutung der Grundwassertiere. Doch stellt das Grundwasser eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen dar.“
Lisa an der Pumpe 001 Pascal- Ecke Helmholtzstraße, eine Lauchhammerpumpe Typ I von 1895, eine der ersten in Berlin aufgestellten Schwengelpumpen
„Ich habe an dieser Pumpe zum zweiten Mal geprobt. Leider gab es bisher nur einen Fund, eine Milbe. Schön wäre es natürlich, mehr und noch andere Tierchen gefunden zu haben. Aber in jedem Fall trägt auch mein Ergebnis dazu bei, sich ein Bild über die Fauna in unserem Berliner Grundwasser zu machen und daraus Erkenntnisse über dieses bisher so unbeachtete Ökosystem zu gewinnen. Vielleicht ist diese Pumpe in dieser doch so versiegelten Gegend die schönste Pumpe Berlins. Auf ihr sind Reliefs von Fröschen, Muscheln und sogar das Stadtwappen von Charlottenburg zu finden. Ihr Wasser rinnt aus einem großen Fischmaul.
Beim Einkauf von Nahrungsmitteln achte ich auf die Angaben zum ökologischen Fußabdruck. Leider sind die Informationen über den Wasserverbrauch bei der Herstellung von Lebensmitteln für Verbraucher*innen bisher nicht ersichtlich. Für die Erzeugung von einer Tasse Kaffee wird zirka eine Badewanne voll Wasser benötigt! Das wissen die meisten nicht.
Bei unseren Analysen konnte ich bei mir eine steile Lernkurve feststellen. Ich erkenne inzwischen relativ sicher die Farben, Größen und Formen, die sich Grundwassertierchen zuordnen lassen oder ob die Partikel in einer Probe doch nur Rost oder andere Sedimente sind. Es ist aufregend, diese unbekannte Welt zu erforschen. Und gleichzeitig bedeutet die Analyse auch Entspannung und Entschleunigung für mich. Wir nehmen uns Zeit für die Proben und ich bin dankbar für die Geduld bei der Anleitung dabei. Auch ich kannte die Vielfalt dieser speziellen lebendigen Welt unter unseren Füßen vorher nicht. Meine Hoffnung ist, dass sie bei allen Eingriffen in unseren Boden berücksichtigt werden muss, damit sie nicht noch weiter beeinträchtigt wird.“
Die Beprobungen gehen weiter. Der BUND Berlin, die Senatsverwaltung für Umwelt, das Karlsruher Institut für Technologie und weitere Partner haben sich zusammengeschlossen, um nun insbesondere die Grundwasserökosysteme wirksam vor Überwärmung zu schützen. Gefördert wird dieses Projekt mit dem Namen „CHARMANT“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und läuft bis zum 28. Februar 2026.
Informationen und Mitmachangebote unter:
Kontakt zum Projektteam:
Christian Schweer, Verena Fehlenberg (i. V. Nanna Bier), Dr. Sophie-Christin Holland, Dr. Maria Avramov und Karl Emil Faarup
grundwasserschutz@bund-berlin.de
Weitere Informationen:
https://www.bund-berlin.de/fileadmin/berlin/Bericht_am_Brennerberg_Berlin_2022_01_14.pdf
https://www.bund-berlin.de/stadtnatur/stadtwasser/wassernetz-berlin/
https://www.bund-berlin.de/themen/stadtnatur/stadtwasser/eu-wasserrahmenrichtlinie/
Informationen zur Beprobung:
https://umweltzoneberlin.de/2022/12/08/unter-dem-pflaster-ist-das-leben/
https://umweltzoneberlin.de/2023/01/24/tief-ins-okular-geblickt/