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Keine Entwarnung bei Erhalt grüner Innenhöfe

Die CDU hat in den Außenbezirken massiv Wahlkampf gegen Nachverdichtung gemacht – nun muss sie ihre Versprechen auch umsetzen

Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Berlin, die nun ihre Arbeit aufgenommen hat, stellt zumindest vorsichtig die bisher von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und Senatsstadtentwicklungsverwaltung betriebene Nachverdichtung durch Bebauung von bisher grünen Innenhöfen in Frage. Dort heißt es etwas vage: “Zur Reduzierung des Flächenverbrauchs setzen wir nach Möglichkeit auf Baupotenziale auf versiegelten oder belasteten Flächen. Das dient auch dem Erhalt von grünem Wohnumfeld wie beispielsweise grünen Innenhöfen.”

Entscheidung für Marzahn-Hellersdorf verschoben

Das sind sicherlich keine Sätze, auf die sich Politiker*innen im Zweifelsfall festnageln lassen würden, doch es gibt kleine Zeichen, die sich zumindest als Signal für ein Umsteuern deuten lassen. So zum Beispiel im Fall Marzahn-Hellersdorf. Drei Innenhöfe sollten laut Willen der Senatsstadtentwicklungsverwaltung durch die landeseigene Gesobau mit rund 350 Wohnungen bebaut werden. Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksamt sprachen sich massiv dagegen aus. Am vergangenen Dienstag hätte die Staatssekretärsrunde der Senatskommission Wohnungsbau den definitiven und bereits formulierten Beschluss dazu fassen sollen. Doch kurzfristig wurde der Punkt von der Tagesordnung genommen. Man wolle die Bildung des neuen Senats und Bezirksamts abwarten, hieß es zur Begründung.

Obwohl die damals designierte Marzahn-Hellersdorfer Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) in allen drei Fällen die seit Längerem vom Bezirksamt benannten Argumente gegen den Wohnungsbau auf diesen Flächen leidenschaftlich verteidigte, konnte das die Bauverwaltung nicht umstimmen. Für alle drei Flächen sollte die Staatssekretärskommission am 17. April eine Beschlussempfehlung für die kommende Sitzung der Senatskommission Wohnungsbau am 25. April geben, mit der dann endgültig die Bebauung besiegelt werden sollte – doch das ist eben abgesagt worden. Dieser minimale Aufschub war eine Folge der fehlenden Zustimmung des Bezirks zu den Plänen.

An der Hoyerswerdaer Straße in Hellersdorf geht es um ein Areal, bei dem sich Wohnungsbaupläne der Wohnungsbaugenossenschaft Wuhletal eG im Sommer 2022 wegen Kostensteigerungen zerschlagen hatten. Der Bezirk will das Grundstück nicht mehr bebauen und stattdessen als Jugendfreizeitfläche erhalten, eine Eignung für den Schulbau soll geprüft werden. Nach dem Willen des Senats soll erneut versucht werden, über ein Konzeptverfahren eine bauwillige Genossenschaft zu finden. Ist das nicht der Fall, kommt die landeseigene Gesobau zum Zug.

Freihalten möchte der Bezirk auch die Hoffläche an der Marzahner Langhoffstraße, der das Landesforstamt im vergangenen Jahr einen “Waldcharakter” bescheinigt hatte. Auch die Senatsumweltverwaltung plädiert daher gegen eine Bebauung. Geht es nach dem Willen der Bauverwaltung, soll die Gesobau dort rund 100 Wohnungen mit einer Kita im Erdgeschoss errichten. “Flächen für den notwendigen Waldausgleich sind sicherzustellen”, heißt es im Beschlussvorschlag für den 17. April.

Ähnlich ist die Lage am Buckower Ring in Biesdorf. Der Bezirk möchte mit Rückendeckung der Senatsumweltverwaltung die ehemalige Kitafläche am Rand des Wuhletals in das sogenannte Ökokonto des Landes Berlin einbringen. Im Ökokonto werden die für Eingriffe in die Natur durch Baumaßnahmen vorgeschriebenen Ausgleichsflächen quasi bevorratet. Diese sind ein rares Gut in Berlin, Dutzende Bebauungsplanverfahren kommen wegen fehlender Ausgleichsflächen nicht voran. Doch auch hier beharrt die Bauverwaltung mit Unterstützung der Senatsfinanzverwaltung auf neuen Wohnungen. Ursprünglich wollte die Volkssolidarität eine kleine Kita und Seniorenwohnungen errichten, trat aber 2022 wegen gestiegener Baukosten von dem Vorhaben zurück. Erneut sollen per Konzeptverfahren gemeinwohlorientierte Bauwillige gesucht werden. Misslingt das, was angesichts der aktuellen Zinsen und Baupreise sehr wahrscheinlich ist, soll die Gesobau übernehmen.

Keine weitere Versiegelung

Die bisherige Baustadträtin Juliane Witt (Linke) formulierte die Haltung des Bezirksamts zur Nachverdichtung so: “Unsere Leitlinie als Bezirk ist es, Wohnungsbaupotenziale durch Aufstockung und auf bereits versiegelten Flächen zu erschließen. Wir wollen keine weitere Versiegelung.”

“Schluss mit dem Abholzen der grünen Innenhöfe!”, das fordert auch der BUND Berlin. “Klimakrise und Artensterben werfen ihre Schatten auf die Stadtentwicklung. Leider sind es keine kühlenden Schatten. Die meisten Städte stehen vor dem Problem, dass sie mehr Grünflächen schaffen und mehr Bäume pflanzen müssen”, sagt Christian Hönig, BUND-Fachreferent für Baumschutz. “Wer mehr Wohnungen bauen will, muss auch dafür sorgen, dass es für die Menschen ausreichend Freiflächen gibt. Die Gleichzeitigkeit von baulicher und grüner Entwicklung ist ein zentraler städtebaulicher Ansatz, der nicht aufgegeben werden darf”, so Hönig weiter.

In Pankow wird trotz Baugenehmigung weiter gekämpft

Auch die Initiative Grüner Kiez Pankow muss um ihren baumbestandenen Innenhof nahe des Schlossparks bangen. “Seit über einem Monat hat niemand mehr mit uns gesprochen. Es hieß, dass man bis zum Antritt des neuen Senats nichts ausrichten könne”, sagt Britta Krehl am Donnerstag. Mit einigen weiteren Getreuen stand die Sprecherin der Initiative Grüner Kiez Pankow um 9 Uhr morgens vor dem Berliner Abgeordnetenhaus. An dem Tag als Kai Wegner (CDU) mit einigen Schwierigkeiten zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt wurde.

Seit vier Jahren kämpft die Initiative und der Kampf schien fast gewonnen, als der Bezirk Pankow mit der Aufstellung eines Bebauungsplans die Baupläne des Landes-Wohnungsunternehmens Gesobau in der bisherigen Form stoppen wollte. Doch die Verwaltung des am Donnerstag aus dem Amt geschiedenen Bausenators Andreas Geisel (SPD) erteilte über das Sonderbaurecht für Geflüchtetenunterkünfte im März eine Baugenehmigung für das umetikettierte Projekt. Auch die Fällgenehmigung für die Bäume liegt bereits vor, sie dürften sogar innerhalb der laufenden Vegetationsperiode abgeholzt werden. Noch ist aber wohl bis Ende Juni ein Experte im Auftrag der Gesobau zugange, um sogenannte Lebensstätten von Vögeln und anderen Tieren zu identifizieren.

»Wir haben also noch ein Zeitfenster, um den Bau doch noch verhindern zu können«, sagte Britta Krehl. Die Initiative fordert ein sofortiges Fällmoratorium, die parlamentarische Überprüfung durch den neuen Stadtentwicklungsausschuss und Petitionsausschuss, eine Eigentümer-Anweisung des Landes an die Gesobau, das zerstörerische Vorhaben ad acta zu legen sowie die Fertigstellung des sogenannten Klima-B-Plans durch den Bezirk Pankow als Kompromisslösung. “Wir haben kein Problem mit der Unterbringung von Geflüchteten und auch nicht mit dem Wohnungsbau. Aber nicht in dieser zerstörerischen Form”, unterstreicht Britta Krehl.

Tatsächlich gibt es einen alternativen Vorschlag für den Bau zusätzlicher Wohngebäude, der zusammen mit einer Aufstockung der Bestandsgebäude für genausoviel zusätzlichen Wohnraum sorgen würde, den Hof aber schonen. Das war auch das Ziel des sogenannten Klima-B-Plans des Bezirks Pankow. Doch solche Vorschläge werden meist mit Verweis auf vermeintlich höhere Kosten oder längere Bauzeiten beiseite gewischt.

Grüner Kiez Pankow ist Teil der Vernetzung Berliner Bündnis Nachhaltige Stadtentwicklung, dem dutzende Initiativen zur Rettung grüner Innenhöfe angehören.

Potenziale im Bestand und auf versiegelten Flächen fördern und nutzen

“Es müssen endlich konsequent die Rahmenbedingungen für Investitionen in den Gebäudebestand verbessert werden – für die Schaffung von neuem Wohnraum ebenso wie für die ökologische und klimagerechte Modernisierung. Sowohl der Wohnungsmangel als auch die konsequente energetische Sanierung der Gebäude müssen jetzt konsequent angegangen werden – nicht erst in fünf oder zehn Jahren”, fordert Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin.

Der BUND Berlin fordert daher CDU und SPD auf, konsequent auf eine Beschleunigung des klimagerechten Umbaus der Stadt zu setzen und die dabei bestehenden Wohnbaupotenziale zu nutzen. Für die Überbauung von Supermärkten, Parkplätzen und überdimensionierten Verkehrsflächen sowie dem Wohnungsbau in lärmarmen Misch- und Gewerbegebieten sind Bebauungspläne anzupassen. Bei der Nachverdichtung innerhalb von Wohngebieten darf nicht mehr Stadtgrün vernichtet, sondern muss im Zuge einer doppelten Innenentwicklung neues geschaffen werden. Dem Ausbau von Dachgeschossen stehen meist keine Bäume im Weg, sondern die überkommene Anleiterstrategie der Berliner Feuerwehr und bauplanerische Festsetzungen. Nur eine konsequente Nutzung bereits versiegelter Flächen kann eine Verdichtung vor Ort zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der sozialen und ökologischen Infrastruktur beitragen.

Initiative in Karlshorst wendet sich an das Abgeordnetenhaus

Gekämpft wird von der Bürgerinitiative “Rettet den Ilse-Kiez” auch in Karlshorst weiter für den Erhalt der grünen Höfe. Seit dieser Woche werden Unterschriften für einen Antrag an das Abgeordnetenhaus gesammelt. Per Gesellschafteranweisung soll die landeseigene Howoge dazu gebracht werden, ihre Bauanträge zurückzuziehen, der Bezirk das Bebauungsplanverfahren weiterführen können. Auch hier hatte der zuständige Bezirk Lichtenberg versucht, über einen Bebauungsplan die Pläne der Howoge in der bisherigen Form zu vereiteln. Doch der zuständige Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) verkündete im vergangenen Jahr, dass die Zeit nicht reiche, um den Plan fertigzustellen. In parteipolitisch motivierten Manövern versuchte er, die Schuld bei der damals von den Grünen geführten Senatsmobilitätsverwaltung abzuladen, doch letztlich zeigte sich, dass vor allem die Senatsstadtentwicklungsverwaltung seines Parteifreundes Andreas Geisel Einwände geltend machte, die in der Kürze der Zeit nicht mehr zu heilen waren. Es ist auch zu fragen, ob die Verwaltung des Lichtenberger Stadtrats das Verfahren mit der nötigen Ernsthaftigkeit betrieben hatte.

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